BAUUNTERNEHMEN DES JAHRES 2014

„Kunden finden –
Kunden binden“

Auf der diesjährigen Veranstaltung „Bauunternehmen des Jahres“ stellte der Autor dieses Beitrages, Prof. Dr. Jan-Philipp Büchler, CASEM, FH Dortmund, in seinem Keynote-Vortrag moderne Kundenansprüche vor und betonte die Rolle der Kommunikation für die Kundenbindung gerade in der Bauwirtschaft. Hier werden diese Gedanken ausgearbeitet und vertieft.

Prof. Dr. Jan-Philipp Büchler, CASEM, FH Dortmund

Der Wettbewerb in der Baubranche ist intensiv und die Kosten für eine Bauleistung stellen in vielen Kundengruppen ein wichtiges Auftragsvergabekriterium dar. In der Folge weist die Baubranche einen sehr hohen Anteil von Wechselkunden auf. Anstatt diesen Umstand einfach zu akzeptieren, hat das CASEM an der FH Dortmund (Center for Applied Studies and Education in Management) auf der Basis empirischer Untersuchungen einen mehrstufigen Ansatz zur Kundenfindung und -bindung in der Baubranche erarbeitet.

Unsere empirische Analyse differenziert dabei zwischen unterschiedlichen Kundengruppen und ermittelt für gewerbliche Kundengruppen eine deutlich nachrangige Bedeutung der Baukosten als Auftragsvergabekriterium – preisbewusste Käufer sind in der Minderheit und die Ausführungsqualität ist von zentraler Bedeutung. Allerdings gibt es Unterschiede zwischen einigen Kundengruppen, so z. B. zwischen Premium- und Qualitätskäufern hinsichtlich der angebotenen differenzierten Leistungen. Die genaue Kenntnis der Kundengruppen und ihrer Bedürfnisse bzw. der Bedeutung ihrer Auftragsvergabekriterien sind von grundlegender Bedeutung für die Identifikation der richtigen Kunden.

Wie können die richtigen Kunden gefunden werden?

Differenzierte Leistungsangebote, die konsequent an den Kundenbedürfnissen ausgerichtet sind, stellen die Basis für die erfolgreiche Ansprache und Akquise von Kunden dar. Unsere empirischen Befunde zeigen dabei, dass einige zentrale Kundenbedürfnisse konsequent untererfüllt werden. Hierzu gehören vor allem Transparenz in der Angebotsgestaltung und Bauausführung sowie die Verlässlichkeit bei Bauausführung und Bauabschluss. Weitere wichtige Bedürfnisse mit Gestaltungspotenzial sind insbesondere die Erreichbarkeit von Ansprechpartnern z. B. Bauleiter sowie eine übersichtliche Dokumentation abgestimmter Leistungen, Dokumente und Meilensteine, d. h. Kernbereiche des Projektmanagements. Unsere Ergebnisse legen damit einen erheblichen Differenzierungsspielraum neben den bekannten Wettbewerbsdimensionen Preis- und Termingarantien nahe. Allerdings sind diese Kundenbedürfnisse nicht für alle Kundengruppen gleichermaßen relevant. Wir haben festgestellt, dass wir grundsätzlich zwischen Qualitäts- und Preiskunden unterscheiden können (siehe Abb. 1).

Damit relevante Kundengruppen angesprochen und gewonnen werden, sind Marktforschung, Kundensegmentierung und die daraus folgende Erarbeitung spezifischer Leistungsbausteine erforderlich. Eine Differenzierung ist jedoch allein nicht ausreichend. In der Fülle von differenzierten Leistungsangeboten ist eine Orientierung und Identifikation durch eine entsprechende Markierung geboten. Die Markenbildung durch klassische Marketinginstrumente zum Aufbau einer starken Unternehmensmarke insb. für die Ansprache von Qualitätskäufern steht hierbei im Mittelpunkt. Eine zunehmende Anzahl an Bauunternehmen hat das Potenzial der Markenbildung und des Marktmanagement erkannt. Insbesondere die großen Baukonzerne führen Ihre Marken inzwischen professionell und setzen dabei das gesamte Instrumentarium der Markenführung ein.

Eine sorgfältig ausgearbeitetes und konsistent umgesetztes Leistungsangebot mit hohem Differenzierungspotenzial ist ein wesentlicher Schritt zur Ansprache und Akquise attraktiver Kunden. Damit diese Kunden bei Folgeaufträgen wiederkommen, muss allerdings mehr getan werden als nur die Markierung dieses differenzierenden Leistungsangebot.

Wie können diese Kunden langfristig gebunden werden?

Langfristige Kundenbindung erfordert einen Perspektivenwechsel, der die Kundenbedürfnisse in allen Bauprojektphasen differenziert erfasst und bestmögliche Antworten im Sinne des Kundeninteresses entwickelt. Als grundlegende Bauprojektphasen lassen sich Akquise, Ausführung und Abschluss unterscheiden. Wir verstehen diese Projektphasen als entscheidende „Touchpoints“ für die Kundenbindung. Entsprechend der Kundenbedürfnisse müssen die Leistungsangebote in allen Phasen überzeugen, damit Kunden langfristig gebunden werden (Abb.2).

Während der Akquise wünscht sich die Mehrheit aller befragten Kundengruppen eine übersichtliche Darstellung von Angeboten nach Preis und Leistungsdimensionen sowie eine Darstellung von Referenzen realisierter Bauprojekte. Selbstverständlich vergleichen Kunden unterschiedliche Angebote und möchten dabei die Such- und Informationskosten gering halten. Um Kunden bereits in dieser Phase bedürfnisgerecht anzusprechen bedarf es solcher Kundenbindungsinstrumente, die schnell, zuverlässig und transparent eine hohe Vergleichbarkeit realisieren. Für die Gestaltung dieser Instrumente sollte die Vernetzung von Angeboten, Plattformen, Referenzen im Mittelpunkt stehen.

Die Kundenbedürfnisse verändern sich in der Ausführungsphase und legen den Fokus stärker auf die Kontrolle von Bauleistungen und den Bauprojektverlauf. Insgesamt stehen hier Bedürfnisse nach Transparenz und Dokumentation im Vordergrund. Dies sind zentrale Bedürfnisse, welche das Potenzial für einen Vertrauensaufbau bieten. Dazu zählt auch die Erreichbarkeit und die Verfügbarkeit von Ansprechpartnern für Rückfragen oder Anpassungen durch den Kuden. Damit stehen in dieser Phase vor allem dialogorientierte Kundenbindungsinstrumente im Vordergrund, die eine kontinuierliche und verlässliche Kommunikation ermöglichen.

In der Abschlussphase stehen dagegen die Qualitätsprüfung und die Erfassung der Kundenzufriedenheit im Mittelpunkt. Systematische Feedbackprozesse auf der Basis von standardisierten Evaluationen helfen dabei, die Leistungen konsequent am Kunden auszurichten und auch bei der Übergabe die Kundenbedürfnisse ernst zu nehmen. Auf der Basis geschilderter Erfahrungen lassen sich im positiven Fall Referenzen erstellen und im negativen Fall Feedbackgespräche zwischen Unternehmensleitung, Kundenmanager und Kunde vereinbaren, um Verbesserungsmöglichkeiten für zukünftige Projekte festzuhalten bzw. besondere Konditionen für Folgeaufträge in Aussicht zu stellen.

Welche Kommunikationsinstrumente eignen sich zur Kundenbindung?

Unsere empirische Untersuchung hat eine Vielzahl an Kommunikationsinstrumenten in der Baubranche ermittelt. Diese haben aus Kundenperspektive eine unterschiedlich hohe Bedeutung in den unterschiedlichen Bauprojektphasen (Abb. 3).

Die Analyse von sogenannten Best Practices in der Baubranche zeigt, dass vor allem die integrierte Nutzung der Kommunikationsinstrumente und die Vernetzung unterschiedlicher Kommunikationskanäle eine hohe Bedeutung hat. Eine besondere Bedeutung für die Erfüllung von Kundenbedürfnissen haben vor allem die Instrumente, die auf Vertrauensaufbau durch Kundendialog und Transparenz gerichtet sind und dem Kunden eine Stimme im Unternehmen verleihen.

Ein solches Beispiel stellt der Asphaltrechner dar. In allen Bauprojektphasen werden spezifische und relevante Kundenbedürfnisse erfüllt. In der Akquise ermöglicht der Asphaltrechner die bestmögliche Transparenz bei der Kalkulationserstellung und einen systematischen Angebotsvergleich zu geringstmöglichen Such- und Informationskosten (Abb. 4).

In der Ausführungsphase bietet der Asphaltrechner eine systematische Verwaltungsfunktion von Angeboten, Kostenvoranschlägen und Projekten und ermöglicht dem Kunden eine transparente Übersicht über die zentralen Leistungsdimensionen. In der Abschlussphase kann der Kunde die Termin- und Preisgarantien schnell prüfen und Feedback zu Verlauf und Abschluss des Projektes geben. Insgesamt bietet das digitale Angebot damit einen differenzierenden Kundennutzen entlang des gesamten Bauprojektprozesses und ermöglichet die Initiierung eines fortlaufenden Kontakts über das Kundenfeedback.

Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden?

Damit Bauunternehmen Kundenbeziehungen langfristig gestalten und Kunden binden müssen Voraussetzungen geschaffen werden, welche die Unternehmensstrategie, -organisation und –kultur betreffen.

Hinsichtlich der strategischen Voraussetzungen ist der Fokus auf die Konsistenz von Ausrichtung und Einsatz der Kundenbeziehungsinstrumente durch die Unternehmensleitung sicherzustellen. Das bedeutet auch die Bereitstellung entsprechender Ressourcen finanzieller und personeller Art sowie die Zuweisung von Verantwortlichkeiten. Hierbei sind strukturelle Voraussetzungen zu schaffen, die auf eine Vernetzung von Kommunikationsinstrumenten zielen und digitale Plattformen schaffen, die von unterschiedlichen Beteiligten im Unternehmen und Kunden genutzt und gepflegt werden. Dies erfordert eine Überwindung des Silodenkens von unterschiedlichen Funktionen und Abteilungen. In kultureller Hinsicht muss die Kundenorientierung zentral in den Unternehmenswerten und der Identität der Unternehmensmarke glaubwürdig verankert werden.

Die aktive und kontinuierliche Kommunikationsleistung ist in allen Bauprojektphasen durch das Bauunternehmen zu gewährleisten und zu pflegen. Die sorgfältige Pflege von Kundenbeziehungen durch herausragende und differenzierende Kommunikation erfordert einen Perspektivwechsel aller beteiligten betrieblichen und technischen Funktionen im Bauunternehmen – Unternehmensführung, Projektleiter, Polier, Kundenmanager müssen Ihre Tätigkeit und Ihre Handlungen am Kundenbedürfnis orientieren. Kundenbeziehungsmanagement ist damit mehr als nur eine marktorientierte Unternehmenssteuerung, sondern eine ganzheitliche Aufgabe, die zentral durch die Unternehmensführung initiiert und fortlaufend gestaltet und moderiert wird.

Siehe auch

www.fh-dortmund.de

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