Auftragsvergabe, Verfahren, Materialien

Kanalsanierer diskutieren bei den Nürnberger Kolloquien

Mehr als 200 Fachleute und Entscheidungsträger der Sanierungsbranche aus öffentlichen Einrichtungen, Industrie und Ingenieurbüros nahmen an den 10. Nürnberger Kolloquien zur Kanalsanierung teil. Neben der VOB 2009 standen vor allem die Sanierungsverfahren und die eingesetzten Materialien im Mittelpunkt der Veranstaltung, die von einer Hausmesse und themenbezogenen Vorführungen im Außenbereich ergänzt wurde.

Eine Interessengemeinschaft, bestehend aus der Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg, der Verbund Ingenieur Qualifizierung gGmbH, dem RSV-Rohrleitungssanierungsverband e. V. und der RAL-Gütegemeinschaft Güteschutz Kanalbau hatte die Diskussionsplattform für Auftraggeber, Fachfirmen und Studenten 2002 aus der Taufe gehoben. Mit Erfolg: Die Mitwirkung hochkarätiger Referenten aus Industrie, Kommunen und Verbänden sowie eine anhaltend hohe Nachfrage sind Belege für den Stellenwert, den die Veranstaltungsreihe mittlerweile genießt.
 
„Wir bringen die Interessengruppen aus Wissenschaft, Verbänden, Behörden und Unternehmen zusammen und schaffen eine Bühne, auf der Teilnehmer und Referenten über die tägliche Arbeit diskutieren können“, so der wissenschaftliche Leiter, Prof. Dipl.-Ing. (TU) Werner Krick, Georg-Simon-Ohm-Hochschule Nürnberg, Fakultät Bauingenieurwesen. Ein Aspekt, der von den Teilnehmern honoriert wird. Hinzu kommt: Inhaltliches steht beim nordbayerischen Branchentreff im Vordergrund. „Die  Auswahl von aktuellen und praxisbezogenen Themenkomplexen hat entscheidend zum Erfolg der Veranstaltung beigetragen“, zieht Dr. Ursula Baumeister, Geschäftsführerin Verbund IQ, nach der zehnten Veranstaltung ein positives Fazit.
 
 
Berichte aus der Praxis
Auch in 2011 kamen Auftraggeber, Planer und Firmen zu Wort. Unter der Moderation von Prof. Krick berichteten die Referenten über ihre Erfahrungen aus der Praxis und regten zur Diskussion an. Im Fokus: Die Verdingungsordnung (VOB/A) in der aktuellen Fassung 2009, Anforderungen an Ingenieurbüros, Sanierungsverfahren und Materialien.
Wie wirken sich die neuen Bedingungen auf die Vergabe von Bauleistungen aus? Welches Anforderungsprofil sollte der Ausschreibende bzw. die Bauüberwachung besitzen? Welche Bedeutung hat die Präqualifikation in der Prüfung und Wertung der Angebote? So lauteten einige der Fragen, auf die die Referenten in Nürnberg eine Antwort gaben. Darüber hinaus wurde über Verfahren und Materialen diskutiert. Etwa über die Auswahl von Sanierungsverfahren, deren Wirtschaftlichkeit und die Eigenschaften, Einsatzmöglichkeiten und Einsatzgrenzen der verschiedenen Materialien. Die Verwendungsbereiche von Sanierungsverfahren für die Grundstücksentwässerung wurden in einem eigenen Referat behandelt.
 
 
Qualität und Qualifikation
Jede Baumaßnahme verlangt nach Know-how. Spezialwissen von Auftraggebern und Bauüberwachern ist ebenso gefragt wie das der ausführenden Unternehmen. Eine Kanalbaumaßnahme kann nur dann gelingen, wenn das nötige Fachwissen vorhanden ist, und wenn Auftraggeber, Ingenieurbüro und Auftragnehmer Hand in Hand zusammenarbeiten – auch das machten die Referenten in ihren Vorträgen deutlich. Erfolgreiche Kanalsanierung ist ohne konsequente Qualitätssicherung von der Kanaluntersuchung bis zur Ausführung nicht möglich. Besonderes Augenmerk ist auf die Definition von Anforderungsprofilen, das Vergabeverfahren, die Bauüberwachung sowie die Qualitätskontrollen zu legen. Es liegt im Interesse aller, dass Abwasserleitungen und -kanäle von erfahrenen und zuverlässigen Fachleuten geplant, gebaut oder saniert werden.
 
 
Die Qual der Wahl
Netzbetreiber können heute aus einer Vielzahl von Sanierungsverfahren auswählen. Eine der Konsequenzen: Auftraggeber haben die Qual der Wahl. Um kostspielige Abenteuer zu vermeiden und marode Kanäle effizient zu sanieren, ist deshalb neben Fachwissen vor allem praktische Erfahrung notwendig. Fehler werden allerdings schon im Vorfeld gemacht. Oft wird bereits bei der Erfassung von Schäden nicht sorgfältig genug gearbeitet – auch hierin waren sich die Referenten einig. Je genauer aber eine Bestandserfassung ist, desto besser wird das Sanierungsergebnis sein. Doch es gibt Lösungen – auch das eine Botschaft der Nürnberger Veranstaltung. Die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für erfolgreiche Sanierungskonzepte stehen zur Verfügung. Die Beteiligten müssen sie konsequent nutzen.
 
 
Erfahrung und Zuverlässigkeit
Aus diesem Grund wurde beispielsweise die RAL-Gütesicherung nach RAL-GZ 961 eingeführt, um eine kontrollierte Selbstverpflichtung der Unternehmen und eine Zuverlässigkeitssteigerung zu erreichen. Im Fokus steht dabei der Zustand unserer Kanalisation. Erfahrung und Zuverlässigkeit sind Grundlagen für Planungs- und Ausführungsqualität und die Langlebigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leitungsinfrastruktur. Ein Ergebnis: Der Gebrauchswert der Abwasserleitungen und -kanäle steigt. Bei der Sicherung der Qualität und bei der Einsparung von Kosten hat sich das System Gütesicherung bewährt. Angewandte Gütesicherung ist Grundlage wettbewerbsneutraler Vergabe. Entscheidend ist konsequentes Verhalten bei der Wertung der Angebote. Die Wertung der Angebote ist in § 16 VOB/A sowie § 97 Abs. 4 und 5 GWB geregelt. In der ersten Wertungsstufe schließt der Auftraggeber nach § 16 (1) Angebote aus, die bestimmten Anforderungen nicht entsprechen. In der zweiten Wertungsstufe nach § 16 (2) 1. wird bei öffentlicher Ausschreibung die Eignung geprüft. In der dritten Wertungsstufe nach § 16 (6) 2. erfolgt der Ausschluss, wenn ein unangemessen niedriger oder hoher Preis vorliegt. Nach § 16 (6) 3. kommen in die engere Wahl nur solche Angebote, die unter Berücksichtigung verschiedener Gesichtspunkte eine einwandfreie Ausführung erwarten lassen. Allerdings kommt es vor, dass die Wertung von Angeboten nicht oder nur unvollständig durchgeführt wird. Ein Zertifikat für die Qualifikation von Auftraggebern und Ingenieurbüros einzurichten, entspricht deshalb dem Wunsch von vielen Beteiligten.
 
Folgerichtig wurde die Beurteilungsgruppe ABS – Ausschreibung und Bauüberwachung bei der grabenlosen Sanierung von Abwasserleitungen und -kanälen aller Werkstoffe und Nennweiten mit den dazugehörigen Bauwerken – in die Güte- und Prüfbestimmungen der Gütesicherung Kanalbau RAL-GZ 961 aufgenommen. Auftraggeber und Ing.-Büros dokumentieren damit ihre besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit der Organisation und des eingesetzten Personals. Etwa durch entsprechende Referenzen und Vorlage eines zertifizierten Qualitätsmanagementsystems bzw. des Nachweises eines Organisationsmanagements zur Fehlerminimierung. Mit Zeugnissen kann die Qualifikation des eingesetzten Personals nachgewiesen werden. Damit wurde ein Anforderungskatalog geschaffen, der Grundlage ist für zuverlässiges Handeln bei Ausschreibung und Bauüberwachung. Ein Leitfaden mit den Mindestanforderungen für die Eigenüberwachung Beurteilungsgruppe ABS zu den Bereichen Ausschreibung und Bauüberwachung kann unter www.kanalbau.com kostenlos heruntergeladen werden.
 
Im nächsten Jahr werden die Nürnberger Kolloquien fortgesetzt. Nach Plänen der Kooperationspartner allerdings an einem neuen Termin: Künftig ist der letzte Donnerstag im September als Veranstaltungstermin vorgesehen.

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