Textilbewehrter Beton

Große Gestaltungsfreiheit mit dem vielseitigen Leichtgewicht

Dank seiner außergewöhnlichen Formbarkeit und Funktionalität kommt der Baustoff Beton im Bereich der Gebäudefassade seit vielen Jahren in unterschiedlicher Weise erfolgreich zum Einsatz. Mit der Entwicklung des textilbewehrten Betons ergeben sich seit einiger Zeit jedoch völlig neue Konstruktions- und Gestaltungsoptionen in der Fassadenarchitektur.

Ob bei der (energetischen) Fassadensanierung öffentlicher Gebäude oder beim Neubau von Industrie-, Schul- und Verwaltungsgebäuden: Fertigteilelemente aus Textilbeton erweisen sich – eingesetzt als Vorhangfassade – durch ihr geringes Gewicht und ihre Freiheit in Bezug auf die Farb- und Oberflächengestaltung immer häufiger als überzeugende wie wirtschaftliche Lösung. Und das sowohl in konstruktiver als auch in architektonischer Hinsicht.

 

Vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten

Eine Einschätzung, die Reiner Grebe, Entwicklungsingenieur beim mittelständischen Betonfertigteilhersteller Hering Bau, bestätigt: „Elemente aus Textilbeton haben zahlreiche Vorteile. Sie erlauben relativ kleine Betonüberdeckungen der Bewehrung, da die zur Verwendung kommenden Textilen korrosionsunempfindlich sind. Dadurch ergeben sich schlanke, großformatige und relativ leichte Bauteile, die während des Herstellungs- und Montageprozesses gut zu handhaben sind. Dazu kommen auch energetische und ökologische Vorzüge. So kann zum Beispiel bei Sanierungsvorhaben aufgrund der sehr dünnwandigen Elemente eine stärkere Dämmung angebracht werden, ohne den Volumenzuwachs der Fassade übermäßig zu erhöhen. Außerdem werden bei der Herstellung natürliche Ressourcen eingespart und der Energieverbrauch sowie der CO2-Ausstoß erheblich reduziert.“

 

Größere Platten bringen Vorteile

Bei Hering Bau beschäftigt man sich seit über 35 Jahren mit der Entwicklung, Herstellung und Montage von Fassadenelementen aus Architekturbeton und war einer der Wegbereiter der textilbewehrten Betonfassade. In einem gemeinsamen Projekt mit der Technischen Universität Dresden entwickelte das Unternehmen schon 2004 eine 20 mm dicke und 1,20 m x 0,60 m große textilbewehrte Betonwerksteinplatte zur Fassadenverkleidung. Kurz darauf erhielt das Produkt die „Allgemeine Bauaufsichtliche Zulassung“ des Deutschen Instituts für Bautechnik. In Kooperation mit Prof. Dr. Josef Hegger und dem Institut für Massivbau der RWTH Aachen entwickelt das Burbacher Unternehmen die Fassadenplatten bis heute stetig weiter. Vorrangiges Ziel war und ist es, die Formate der Elemente weiter zu vergrößern und die Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich der Fassade zu erhöhen. Und zwar ohne dass Stabilität und Festigkeit beeinträchtigt werden. Schon heute kann das Unternehmen Platten aus hochfestem Feinbeton mit bis zu 12 m² Fläche und einer Dicke von nur 35 mm hergestellt werden. Zum Einsatz kamen die Platten unlängst beim Neubau eines Institutsgebäudes an der RWTH Aachen und auch die Fassade der Chirurgischen Klinik Ulm wird mit 240 geschosshohen Fassadenelementen (Dicke: 30 mm) ausgestattet.

Reiner Grebe: „Durch die Vergrößerung der Elementfläche werden die Aufhängungen und der Fugenanteil reduziert. Hierdurch werden auch weniger Arbeitsschritte erforderlich. Das wiederum bedeutet kürzere Montagezeiten und geringere Kosten für den Auftraggeber.“

 

Textilbeton in der Praxis

Ein aktuelles Beispiel des Einsatzes der Textilbeton-Fassadenelemente ist das moderne Gebäude Community College Leiden (ROC) in Leiden, Holland. Für das in Stahlbetonfertigteil-Bauweise erstellte Neubau-Projekt fertigt Hering Bau derzeit ca. 9.000 Vorhang-Elemente zur Anbringung an der zirka 9.500 m² großen Fassadenfläche des bis zu zehngeschossigen Gebäudes. Dabei werden die 30 mm starken und aus grünem, gesäuerten Beton hergestellten Fertigteile mit den Abmessungen 1.780 x 624 mm als Vorhangfassade auf einer Alu-Unterkonstruktion montiert. Auch hierbei kommen die Vorzüge des Textilbetons sehr gut zur Geltung, wie der verantwortliche Architekt Thomas Rau von RAU, Amsterdam erklärt: „Der Einsatz von Textilbeton an der Fassade gibt uns die Freiheit, sozusagen mit Beton auch wirklich in die Gestaltung einzugreifen, in die Textur einzugreifen, in die Oberflächen und in die Farbgestaltung einzugreifen. Darüber hinaus sind sowohl die Herstellung als auch der Transport und die Montage sehr wirtschaftlich.“ Die fertige Montage der Fassade ist für Oktober 2010, die komplette Fertigstellung des College- und Bürogebäudes für Sommer 2011 geplant. Weitere Informationen zum Baustoff Beton gibt es unter [www.beton.org].

Außergewöhnlich formbar und funtionell

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