Europäische Bauwirtschaft
stabilisiert sich

Nach drei Jahren der Rezession, in der die realen Bauinvestitionen in Europa um insgesamt 15 % zurückgegangen sind, erwartet die Euroconstruct-Gruppe (19 Länder) für 2011 eine Bauproduktion auf dem Vorjahresniveau. Für 2012 wird mit einem preisbereinigten Wachstum von 2 % gerechnet. Allerdings läge selbst dann das Volumen noch um etwa 200 Mrd. Euro unter dem Produktionsniveau des Jahres 2007.

Maßgeblich für den Absturz der europäischen Bauproduktion war der Wohnungsbau, der von 2007 bis 2010 um real 22 % zurückging, der Wohnungsneubau sogar um mehr als 40 %. Durch die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise, die im Herbst 2008 einsetzte, wurden vor allem die Märkte getroffen, in denen der überwiegende Teil der Wohnungen rein spekulativ errichtet wurde. Entsprechend drastisch waren die Abstürze innerhalb von nur drei Jahren im Wohnungsneubau in Irland (- 85 %) und in Spanien (- 78 %).

Der Nichtwohnungshochbau (privat und öffentlich) geriet erst 2009 in die Krise, zudem war der Absturz nicht so ausgeprägt wie im Wohnungsbau. Dies dürfte für den Teilbereich des öffentlichen Hochbaus auch auf die diversen staatlichen Konjunkturprogramme in Europa zurückzuführen sein. Noch stabiler entwickelte sich der überwiegend staatlich dominierte Tiefbau, für den lediglich 2010 und 2011 leichte Rückgänge errechnet werden. Vor allem hier machen sich die staatlichen Stützungsmaßnahmen bemerkbar, die in vielen Ländern die Verkehrsinfrastruktur in den Fokus nahmen.

 

Wohnungsbau stützt Baukonjunktur 2011/2012

Nach dem steilen Absturz soll nun hauptsächlich der Wohnungsbau in den Jahren 2011 und 2012 mit einem addierten Wachstum von 5 % die Baukonjunktur stützen. Für den Nichtwohnungshochbau und den Tiefbau wird dagegen im Durchschnitt der beiden Jahre nur Stagnation vorhergesagt. Neben einer in einigen Ländern schwachen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung macht sich in diesen Segmenten das Auslaufen der Konjunkturprogramme negativ bemerkbar.

Deutliche Differenzierungen in der baukonjunkturellen Entwicklung gibt es auch zwischen den verschiedenen Ländern. Die mit Abstand beste Entwicklung im Betrachtungszeitraum weisen die Länder Mitteleuropas auf. Dies ist vor allem der anhaltend positiven Entwicklung in Polen zuzuschreiben. Polen war das einzige Land der Euroconstruct-Gruppe, das auch 2009 ein Wirtschaftswachstum aufwies. 2012 sollen hier die realen Bauinvestitionen um etwa 70 % über dem Niveau des Jahres 2006 liegen.

Ein weiterer Sonderfall ist mit Deutschland zu verzeichnen. Nach den zehn Jahren der Baurezession von 1995 bis 2005 erwiesen sich die deutschen Bauinvestitionen seit 2006 als stabilisierendes Element in Europa. Da immer noch knapp 20 % der europäischen Bauproduktion auf Deutschland entfallen, stützte Deutschland in den letzten drei Jahren die baukonjunkturelle Entwicklung in Europa. In zehn kleineren westeuropäischen Ländern setzte die Baurezession erst 2009 ein, war in den letzten beiden Jahren mit einem addierten Rückgang von real 12 % aber relativ ausgeprägt. Diese Ländergruppe soll allerdings 2011 schon wieder in die Wachstumszone zurückkehren.

Den dramatischsten Einbruch erlebten die nach Deutschland größten westeuropäischen Baumärkte Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien. Im Betrachtungszeitraum entfällt auf diese vier Länder jeweils etwa die Hälfte der Bauproduktion in den Ländern der Euroconstruct-Gruppe. Innerhalb von nur drei Jahren ging in diesen Ländern die reale Bauproduktion um etwa ein Viertel zurück und auch für das laufende Jahr wird noch mit einem Rückgang in der Größenordnung von 2 % gerechnet.

Vor allem Spanien leidet unter der scharfen Korrektur am Baumarkt. 2011 soll die preisbereinigte Bauproduktion um mehr als 50 % unter dem Niveau des Jahres 2007 liegen. Zum Vergleich: Die zehnjährige Baurezession in Deutschland führte dagegen „nur“ zu einem addierten Rückgang von einem Viertel.

Dipl.-Oec. Heinrich Weitz,

Berlin

E-Mail: heinrich.weitz@bauindustrie.de

Der Wohnungsbau soll die Konjunktur 2011/2012 stützen!

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