Bau-Vertriebsmanagement

Professionelles Kunden- und Vertriebsmanagement in der Bauwirtschaft – ein Novum?

Der für die meisten Unternehmen der Investitionsgüterbranche hochspannende Themenkomplex „Kunden- und Vertriebsmanagement“ findet in der baubetriebswirtschaftlichen Literatur nur einen sehr geringen Niederschlag. Es erscheint geradezu so, dass Vertrieb im Bauumfeld nicht stattfindet, von den Aktivitäten der Bauzulieferer einmal abgesehen. Einen professionellen „Bau-Vertrieb“ bzw. ein professionelles Vertriebsmanagement mit branchenspezifischer Ausrichtung scheint zumindest flächendeckend bei Bauunternehmen nicht zu existieren.

1. Einführung

Der Autor, der sich als einer der wenigen Wirtschaftswissenschaftler bereits dezidiert mit der Entwicklung eines „Bau-Marketings“ auseinandersetzte, untersucht gegenwärtig das Phänomen des Vertriebs im Bau. Die ersten Ergebnisse: Der Bau braucht eine deutliche Professionalisierung in diesem Bereich. Auch wenn die Konturen einer derartigen Ausgestaltung noch unscharf sind ist klar, dass sich hier auf breiter Front deutliche Fortschritte einstellen müssen, will die Branche nicht den Anschluss zu anderen Zweigen der Wirtschaft verlieren.

 

2. Grundlagen eines Bau-Vertriebsmanagements

Die Schwierigkeit, die sich zunächst bei dieser Thematik einstellt, ist die kaum vorhandene Quellenlage – so kann man bei der Entwicklung eines solchen Ansatzes zunächst nur auf plausible Hilfskonstrukte zurückgreifen, die den spezifischen Bedingungen der Bauwirtschaft Rechnung tragen. In diesem Kontext kann der Anlagenbau, der ebenfalls wie viele Bauprodukte technisch anspruchsvoll ist und zudem häufig einen Projektcharakter aufweist, eine „Geburtshelferfunktion“ übernehmen. Darüber hinaus können v.a. diejenigen Bauunternehmen, die bereits heute schon einen innovativen Vertrieb etabliert haben, einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung eines Branchenmodells „Bau-Vertrieb“ liefern.

In klassischen, prozessorientierten Vertriebsansätzen, werden drei Grundphasen, die chronologisch ineinandergreifen, unterschieden:

- Kundenidentifikation

- Kundengewinnung

- Kundenbetreuung

Die Kundenidentifikation zu Beginn des Vertriebsprozesses ist der Einstieg in ein professionell geführtes Vertriebsmanagement. Je nach dem, in welchem Marktsegment das Bauunternehmen agiert, gilt es hier, die jeweiligen Kundentypologien (öffentliche Kunden, institutionelle Kunden, Kunden aus einem bestimmten Wirtschaftszweig) zu bestimmen und die entsprechenden Zielkunden zu definieren.

An die Phase der Identifikation möglicher Kunden schließt sich die Kundengewinnung an, d.h. in dieser Phase wird aus dem potenziellen Kunden ein „echter“ Kunde, der durch einen entsprechenden Kaufvertrag dieses Lieferanten-Kundenverhältnis auch juristisch manifestiert.

Nach Lieferung der Leistung, in der Regel nach Bauabschluss, wird die Kundenbetreuung relevant. In dieser Phase sind die Aufrechterhaltung und der Ausbau der Kundenbeziehung wichtig, da grundsätzlich kein Leistungsaustausch stattfindet, jedoch hier ein wichtiges Fundament für zukünftige Geschäfte gelegt werden kann. Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang auch vom so genannten Management von diskontinuierlichen Lieferanten-Kunden Beziehungen. Die häufig praktizierte Methode „Fire and Forget“ – Projekt abgeschlossen – Geld erhalten, auf zu neuen Projektakquisitionen – widerspricht der Kundenbetreuungs- und damit Kundenbindungsphilosophie zutiefst. Öffentlichkeitswirksame Schlammschlachten in den Medien zwischen dem Bauherrn und dem Kunden sind diesem Ansatz ebenfalls diametral entgegengesetzt.

Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen für eine derartig umfassende Informationsverarbeitungsaufgabe ein Werkzeug benötigen, was Ihnen aus der Menge an Informationen die jeweils relevanten Verknüpfungen zeitnah bereitstellt.  Ein hilfreiches Steuerungsmittel für ein professionelles Kundenmanagement ist ein CRM (Customer Relationship Management bzw. Kundenbeziehungsmanagement) System, das sämtliche Informationen über den Kunden verwaltet. Je nach Phase der Kundenbeziehung kann das verfügbare Wissen genutzt werden, einen Kunden zielgenau anzusprechen, und somit zumindest grundsätzlich Wettbewerbsvorteile zu erschließen. Zudem können wichtige Informationen gespeichert und für sämtliche Akteure im Vertriebsprozess dokumentiert werden, was die Bearbeitungsqualität deutlich verbessern kann.

3. Fazit

Damit kein Zweifel aufkommt: Technisch ist es kein großes Problem, eine den Unternehmenszielen konforme Vertriebsstruktur zu entwickeln und zu etablieren. Das Hauptproblem ist das „Mind Set“ bzw. die Haltung vieler im klassischen Baugeschäft geprägter Führungskräfte. Hier sind bereits erste zarte Pflänzchen eines Umdenkens erkennbar, dieser Weg muss jedoch noch deutlich intensiviert und professionalisiert werden. Hierzu einen sinnvollen Wertbeitrag für die Bauwirtschaft zu leisten, ist das Anliegen des Autors. Bei gerundeten Umsätzen von 81 Mrd. Euro p.a. im Bauhauptgewerbe würde eine profitable Umsatzsteigerung von 2 % p.a. durch ein professionelles Vertriebsmanagement nicht nur eine signifikante Ergebnisverbesserung bedeuten, sondern auch eine Beschäftigungswirkung entfalten, die bei ca. 15.000 Mitarbeitern im Baugewerbe liegen würde.

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