Projekt der Superlative

Gerüsteinsatz beim Bau des Abwasserkanals Emscher

Nach dem Ende des Bergbaus im Ruhrgebiet will die Emschergenossenschaft mit dem Milliardenprojekt das Emscher-System von offener zu geschlossener Abwasserableitung umbauen.

Herzstück des Bauvorhabens ist der 73 Kilometer lange Abwasserkanal Emscher, der die Abwässer von rund 2,2 Millionen Einwohnern und umfangreiche Abwassermengen von Industrie und Gewerbe aufnehmen und sie der Kläranlage Bottrop und dem Klärwerk Emscher-Mündung in Dinslaken zuleiten soll.

Temporäre Lösungen für Schalungsarbeiten und Baustellenzugang

Teil des sogenannten „BA 40“ sind 14 Schächte, von denen 12 von der ARGE Emscher BA 40 – Porr Bau GmbH Infrastruktur Tunnelbau und Porr Deutschland GmbH – für den Betrieb des Abwasserkanals ausgebaut wurden. Notwendig für den Ausbau waren unter anderem Bautreppentürme als Zugang in die bis zu 36 Meter tiefen Schächte sowie eine Kombination aus Arbeits- und Traggerüst zum Schalen der Außenwände via Kletter- und Gleitverfahren beziehungsweise zum Unterstützen der Deckenschalung. Die Herausforderung dabei bestand in der Geometrie: Neben der runden Form besitzen die Schachtbaugruben zwei Trenn- bzw. Mittelwände sowie teilweise bis zu zwei Drallkammern. Außerdem führen zwei Gerinne durch jeden Schacht. Die Folge sind geometrische Störstellen wie Höhensprünge in der Gerüstaufstellfläche. Mit dem Allround-Gerüst von Layher ließen sich die Aufgaben dank schraubenloser Keilschlossverbindung nicht nur schnell, sondern dank verschiedener Standardlängen und passender Ausbauteile auch genau an die Gegebenheiten vor Ort angepasst lösen.

Layher unterstützt bei Planung und Montage

Bei der Projektplanung erhielt das Porr-Team Unterstützung von den erfahrenen Layher Anwendungsingenieuren. „Wir suchen für jedes Projekt die in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht beste Lösung“, berichtet Roland Hassert. Der Diplom-Ingenieur leitet bei Layher die Anwendungstechnik Bau. „Bei der Planung verwenden wir die Layher Gerüstplanungssoftware Layplan CAD. Durch die 3D-Planung konnten wir Kollisionen mit den Trenn- und Mittelwänden beziehungsweise Drallkammern schon im Vorfeld vermeiden.“

Die detaillierten Zeichnungen stehen anschließend wie gewohnt via Ausdruck zur Verfügung. Zur besseren Visualisierung – auch auf mobilen Endgeräten – ist ergänzend die Ausgabe als 3D-PDF möglich, was die Montage durch die Detailansichten erleichtert. „Wie bei Layher üblich haben wir darüber hinaus im Vorfeld eine Schulung für die Poliere durchgeführt und Tipps zum effizienten Einsatz weitergegeben.“

Systemlösung: Allround-Traggerüst TG 60

Für das kombinierte Arbeits- und Traggerüst setzten die Verantwortlichen auf das vom DIBt zugelassene und typengeprüfte Allround-Traggerüst TG 60. Basis ist das Allround-Gerüst in Verbindung mit den hochtragfähigen Allround-Traggerüstrahmen TG 60. Die vorgefertigten Rahmenelemente mit einem Einzelteilgewicht von maximal 18 Kilogramm reduzieren die Anzahl der Einzelteile und lassen sich in Verbindung mit Allround-Systemriegeln und -diagonalen über die schraubenlose Keilschlossverbindung schnell und einfach zu Traggerüsttürmen mit einer Stieltragfähigkeit von bis zu sechs Tonnen kombinieren. Da sich Bauteilanzahl und -gewicht maßgeblich auf die Montageschnelligkeit auswirken, sind die Allround-Traggerüstrahmen TG 60 deutlich wirtschaftlicher als Konstruktionen aus Allround-Einzelteilen.

Flexible Anpassung an Lasten und Gebäudegeometrie

Gleichzeitig erlaubt gerade die Kombination mit dem Allround-Gerüst flexible Geometrieanpassungen, erklärt Hassert. „Das Allround-Traggerüst TG 60 ist ein sehr flexibles System: Höhensprünge wie hier bei der Gerüstaufstellfläche lassen sich dank der verschieden hohen Rahmenelemente – erhältlich sind Anfangsrahmen, Standardrahmen sowie Ausgleichsrahmen – und der Ausspindelhöhe einfach ausgleichen.

Die Anpassung an die abzutragenden Lasten und die gegebene Geometrie ist durch die variablen Feldlängen ebenso einfach möglich. In diesem Fall wählten wir bei den Traggerüsttürmen den quadratischen Grundaufbau, die Kopplung erfolgte mit 1,57 Meter langen Allround-Systemriegeln und -diagonalen – ebenfalls über schraubenlose und selbstsichernde Keilschlossverbindung.

Auf diese Weise konnten wir nicht nur die Trenn- bzw. Mittelwände in das Arbeits- und Traggerüst integrieren, sondern auch Traggerüsttürme einsparen, was weniger Material und Montagezeit bedeutete. Die Kopplung mit Standardbauteilen machte durch das vorgegebene Systemmaß und die automatische Rechtwinkligkeit des Allround-Systems zudem das Einmessen der einzelnen Traggerüsttürme überflüssig. Im Gegensatz zu aufwendigen Konstruktionen aus Rohren und Kupplungen sorgte dies für eine weitere Reduzierung der Montagezeit.“

Wirtschaftliche Überbrückung im Traggerüst: Allround-Fachwerkträger

Je nach Anforderung stehen im Allround-Baukasten passende System-Ausbauteile zur Verfügung. Bei diesem Projekt kamen Allround-Konsolen zur Anpassung an die runde Schachtform sowie Komforttreppen für die Integration von Treppenaufstiegen zum Einsatz. Ein abknickendes Gerinne stellte eine Besonderheit im „Schacht 27“ dar. Dadurch stand nicht genügend Aufstellfläche für die Gerüstkonstruktion zur Verfügung. Die Lösung war eine Überbrückung mit dem Allround-Fachwerkträger. „Das Systembauteil besitzt eine hohe Tragfähigkeit und lässt sich dank einheitlicher Systemmaße vollständig in Allround-Konstruktionen integrieren. So ist eine statisch vorteilhafte zentrische Krafteinleitung sichergestellt“, erläutert Hassert. „Das leichte Gewicht der handlichen Einzelteile und die Bolzenverbindung gewährleisten einen schnellen Auf- und Abbau – selbst per Hand, wenn gerade kein Baustellenkran zur Verfügung steht.“

Sichere Montage, sicheres Arbeiten

Auch bei diesem komplexen Bauprojekt war eine Kranmontage nur teilweise möglich. Deshalb wurde das kombinierte Arbeits- und Traggerüst parallel zur Kletterschalung sowohl stehend, also per Hand, montiert als auch liegend vormontiert. „Bei beiden Montagearten werden Sicherheitsvorschriften auf Baustellen erfüllt“, bekräftigt Hassert.

Bei stehender Montage haben Gerüstmonteure durch die fest vorgegebene Aufbaufolge automatisch einen rundumlaufenden Seitenschutz – selbst ohne Zusatzbauteile wie ein Montage-Sicherungs-Geländer. Bei der Kranmontage lassen sich die Allround Traggerüsttürme TG 60 am Boden vormontieren und anschließend per Kran an den Einsatzort versetzen. Zur Übertragung von Zugkräften werden die einzelnen Rahmen am Stoß mit Rohrklappsteckern gesichert.

Auch für Absturzsicherheit während der Schalungsarbeiten an der Außenwand sowie unterhalb der Deckenschalung war gesorgt. Die von der Baufirma gewünschten Belagsebenen ließen sich mit Layher Systemböden einfach in die Gerüstkonstruktion integrieren.

Bautreppenturm wächst mit Baufortschritt

Mit Rückbau des Traggerüsts sollten dagegen Treppentürme den sicheren Baustellenzugang gewährleisten. Da diese teilweise hängend montiert und mit Rückbau des Arbeits- und Traggerüsts abschnittweise nach unten weitergebaut werden sollten, wählten die Anwendungsingenieure den Allround-Modultreppenturm. Damit konnten die Monteure den Treppenturm von der Belagsebene des Arbeits- und Traggerüsts aus einfach nach unten weiterbauen.

Die vom DIBt geprüfte und bestätigte Typenberechnung – bis Aufbauhöhen von 115 Metern – machte im Vorfeld einen Nachweis im Einzelfall überflüssig, was bei der Planung Aufwand und Zeit sparte. Eine komfortable und trittsichere Nutzung war durch die große Durchgangshöhe und den Einsatz der Layher-Komforttreppe mit ihren 175 Millimeter tiefen, geriffelten Trittstufen ebenfalls gegeben.

Wilhelm Layher GmbH & Co KG

www.layher.com

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