Kalkulation von Bauarbeiten im Bestand

Vorschlag für Lösungskonzept

Im Zuge der Kalkulation von Bestandbauwerken stellt sich einer Bauunternehmung insbesondere das Problem, mit welchen Aufwandswerten die zu erbringenden

Leistungen anzusetzen sind.

Beim Bauen im Bestand wird häufig auf Grundlage einer Leistungsbeschreibung mit Leistungsprogramm, d.h. funktional, ausgeschrieben. Entsprechend der vorliegenden Ausschreibungsunterlagen (z.B. Raumbuch, Bestandsanalyse, Schadstoffuntersuchungen) erarbeitet die Bauunternehmung ein Lösungskonzept für alle Gewerke. Im Idealfall stellt das Lösungskonzept ein vom Bieter aufgestelltes Leistungsverzeichnis dar, welches als Grundlage der Kalkulation des Angebotes dient.

Im Zuge der Kalkulation von Bestandsbauwerken steht die Bauunternehmung vor der Frage, mit welchen Aufwandswerten die zu erbringenden Leistungen anzusetzen sind. Besondere Zwangspunkte wie z.B. bestehende Baukonstruktion oder bestehende Außenanlagen sowie An- und Abtransportwege sorgen dafür, dass gegenüber einem Neubau alle Bauabläufe individuell durchdacht werden müssen. Richtwerttabellen, die sich als Grundlage zur Festlegung von Zeitaufwandswerten eignen und bei Neubauten als praktikabel erweisen, stehen der Kalkulation beim Bauen im Bestand nur sehr eingeschränkt zur Verfügung.

Die auszuführenden Arbeitsprozesse müssen bei Bestandsbauten einzeln analysiert werden, um zu realistischen Aufwandswerten zu gelangen. Dabei wird der Bauablauf in Teilvorgänge und Vorgangselemente zerlegt. Dadurch wird die Festlegung von Zeitaufwandswerten der einzelnen Ablaufabschnitte ebenso erleichtert wie die detaillierte Ablaufplanung der Leistungen.
Darüber hinaus müssen sogenannte „Leistungsgruppen“ gebildet werden, in denen Arbeiter, Baugeräte und Maschinen unter Berücksichtigung der besonderen Zwangspunkte beim Bauen im Bestand zusammenwirken1. Auf diesem Weg werden die so ermittelten Aufwandswerte als individuelle Kalkulationsansätze beim Bauen im Bestand in einer Gesamtüberlegung unter Berücksichtigung einzelner Arbeitsprozesse und gebildeter Arbeitssysteme ermittelt.

Schema zur Kalkulation von Bestandsbauwerken

Um die Vorgehensweise einer Bauunternehmung in der Angebotsphase (Kalkulation) von Bauarbeiten im Bestand zu beschreiben, wird nachfolgend ein Ablaufschema aus sieben Schritten dargestellt.

Im ersten Schritt muss der Bieter alle für die Kalkulation relevanten Projektunterlagen (z.B. Leistungsbeschreibung, Raumbuch, Bau- und Ausführungspläne, Bestandsanalyse, Schadstoffuntersuchung, Brandschutzkonzept usw.) erfassen und analysieren.

Hierbei gilt es zu beachten, welche Ausschreibungsvariante der Bauherr gewählt hat (Bild 1). Zum einen können die Ausschreibungsunterlagen durch einen Architekten oder ein Ingenieurbüro erstellt und dem Bauunternehmen zur Verfügung gestellt werden
(Variante I). Zum anderen kann der Bauherr die Bestandsanalyse und die Ausführungsplanung an die Bieter übertragen (Variante II). Dabei werden durch die funktionale Ausschreibung nur die zukünftigen Nutzungsfunktionen des Gebäudes vorgegeben. In diesem Fall müssen die für die Kalkulation erforderlichen Projektunterlagen von der Bauunternehmung erstellt werden.

Werden die gesamten Projektunterlagen vom Bauherrn vorgegeben, beschränkt sich die Vorgehensweise der Bieter in der Angebotsphase zunächst darauf, Vollständigkeit und Genauigkeit der Bestandsanalyse und der Ausführungsplanung zu prüfen. Darüber hinaus muss gewährleistet sein, dass nach den Grundsätzen des § 7 VOB/A eindeutig und erschöpfend auszuschreiben ist und dem Bieter kein ungewöhnliches Wagnis für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat, aufgebürdet werden darf.

Bei der Erstellung der Projektunterlagen durch den Bieter (Variante II) muss dieser zunächst die Ziele und die Aufgabenstellung des Bauherrn klären und mit den geltenden Gesetzen und Vorschriften wie z.B. Musterbauordnung, Landesbauordnung, VOB, BGB abgleichen. Ferner müssen die anerkannten Regeln der Technik, der architektonische Anspruch des Gebäudes sowie baurechtliche Aspekte wie Denkmalschutz, Bestandsschutz und Brandschutz bei der Erstellung der Ausführungskonzeption berücksichtigt werden. Davon ausgehend wird vom Bieter ein eigenes Leistungsverzeichnis aufgestellt, das als Grundlage der Angebotskalkulation dient (siehe Bild 2).

Nachdem die zur Kalkulation relevanten Projektunterlagen erfasst und analysiert sind, muss der geplante Arbeitsablauf der (Bestands-)Baumaßnahme in sogenannte „Makro- und Mikro-Ablaufabschnitte“ zerlegt werden. Zunächst wird im zweiten Schritt der Arbeitsablauf in die Makro-Ablaufabschnitte unterteilt. Hierbei wird der Arbeitsablauf der (Bestands-)Baumaßnahme für die Ausschreibung in einem Leistungsverzeichnis abgebildet. Das Leistungsverzeichnis stellt die exakte Beschreibung der Leistungsart und des Leistungsumfanges der ausführenden Bauunternehmung dar. In der Regel wird ein Leistungsverzeichnis nach Projekt (auch „Gesamtablauf“), Titel (auch „Teilablauf“) und Positionen (auch „Ablaufstufe“) gegliedert, was der Unterteilung des gesamten Bauablaufes in Makroablaufabschnitte entspricht.

In Bild 3 wird die Gliederung des Arbeitsablaufes2 am Beispiel des Umbaus eines Bürogebäudes schematisch dargestellt. Dabei wird bei der Darstellung der Gliederung beispielhaft nur jeweils eine Leistung weiter untergliedert. Der Gesamtablauf („Projekt“) „Umbau eines Bürogebäudes“ gliedert sich im Teilablauf („Titel“) nach den beteiligten Gewerken, wie z.B. „Abbrucharbeiten“. Die Ablaufstufe („Position“) bildet einzelne Leistungs-Positionen ab, wie z.B. „Wände abbrechen“.

Im dritten Schritt muss der Bieter wählen, mit welchem Bauverfahren bzw. welcher Baumethode eine bestimmte Position oder Teilposition des Leistungsverzeichnisses ausgeführt werden soll. Außerdem soll in diesem Schritt die Baustelleneinrichtung konzipiert werden. Dabei müssen die Eigenart des Bestandsgebäudes sowie die speziellen örtlichen Randbedingungen berücksichtigt werden. Diesbezüglich werden die aus dem Bestand resultierenden Zwangspunkte (z.B. beschränkter Baustellenzugang, enge Treppenhäuser, wenig Platz für Lagerung und Transport von Material, begrenzte Arbeitsplätze, Schutz bestehender Gebäudeteile, Denkmalschutzauflagen) für die Bauunternehmung maßgebend.

Nachdem die Makroablaufabschnitte gebildet wurden, muss im vierten Schritt der Arbeitsablauf in die Mikroablaufabschnitte zerlegt werden (siehe Bild 4). Die einzelnen Arbeitsprozesse bestehen dabei aus „Vorgang“, „Teilvorgang“ und „Vorgangsstufe“. Ein „Vorgang“ wird hierbei im Regelfall durch eine „Unterposition“ abgebildet. Durch den Teilvorgang und die Vorgangsstufe wird der „Arbeitsinhalt“ der Position definiert, welcher die Grundlage für die Überlegungen des Bauunternehmens bezüglich der Wahl der Zeitaufwandswerte darstellt. In diesem Zusammenhang kann man festhalten, dass Daten, die aus den Mikroablaufabschnitten gewonnen werden, eine größere Genauigkeit aufweisen als die aus den Makroablaufabschnitten ermittelten Daten (z.B. aus der Nachkalkulation eines ähnlichen Bestandsbauvorhabens). Die verschiedenartigen Einflüsse auf die Zeitdauer der einzelnen Arbeitsprozesse werden präzise erkannt. Damit wird eine bessere Grundlage zur Bestimmung der Zeitaufwandswerte bei zwar ähnlichen, aber nicht genau gleichen Ablaufabschnitten geschaffen.

Im fünften Schritt definiert der Bieter durch Analyse des Arbeitsinhaltes eine sogenannte „Leistungsgruppe“. Mit dieser wird festgelegt, durch welche Arbeitskolonne und mit welchen Baugeräten eine jeweilige Position bzw. Teilposition des Leistungsverzeichnisses ausgeführt werden soll. Hierbei sind neben dem gewählten Bauverfahren die Baustelleneinrichtung und die Transportwege zu berücksichtigen. Auch besondere Randbedingungen, wie z.B. eingeengte Platzverhältnisse auf der Baustelle (Beachtung der Mindestarbeitsfläche) und Interessen der in Bereichen des Gebäudes verbliebenen Nutzer, können für die Größe der Arbeitskolonne und für die Ablauffolge der Leistungen von Bedeutung sein.

Im sechsten Schritt müssen die Zeitaufwandswerte für die Leistungen der einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses geschätzt werden. Dabei können dem Kalkulator verschiedene Quellen als Grundlage dienen. Nach Hofstadler3 werden die Quellen in externe und interne Quellen unterschieden. Zu externen Quellen gehören Literaturwerke wie Kalkulationsbücher oder Richtwerttabellen (z.B. „Handbuch Arbeitsorganisation Bau“, „Sirados Baupreishandbuch“) und Ermittlungen anderer Firmen in Form von Baustellenberichten oder deren Richtwerttabellen. Als interne Quellen dienen betriebseigene Zeitaufwandswerte, die nach verschiedenen Verfahren wie Nachkalkulationen, Erfahrungswerten von Mitarbeitern oder Arbeitszeitstudien erfasst werden können.

Häufig stehen einer Bauunternehmung bei der Kalkulation von Bauarbeiten im Bestand weder externe noch interne Quellen als Grundlage zur Verfügung. In diesem Fall werden die Zeitaufwandswerte anhand eigener Leistungsgruppenüberlegungen des Kalkulators gebildet. Dafür sollen die geschätzten Zeitaufwandswerte der einzelnen Arbeitsprozesse des Arbeitsinhaltes aufaddiert werden. In diesem Zusammenhang ergibt sich beispielweise der Zeitaufwandswert eines Teilvorganges aus der Summe der geschätzten Aufwandswerte der einzelnen Vorgangsstufen. Aus der Summe der Zeitaufwandswerte einzelner Teilvorgänge resultiert der Aufwandswert für einen Vorgang. Durch eine Addition der Zeitaufwandswerte der einzelnen Vorgänge wird der Zeitaufwandswert für eine Ablaufstufe gebildet, welcher dem Zeitaufwand einer Position des Leistungsverzeichnisses entspricht (siehe Bild 4). Somit wird im sechsten Schritt ein Grundwert für den Zeitaufwand einer bestimmten Position des Leistungsverzeichnisses festgelegt.

Abschließend müssen im siebten Schritt die geschätzten Zeitaufwandswerte unter Berücksichtigung aller für die Ausführung der Leistungen innerhalb einer Position relevanten Einflussfaktoren beaufschlagt werden. Dabei muss die Bauunternehmung den Einarbeitungseffekt, die Unterschreitung der Mindestarbeitsfläche, notwendige Anpassungsarbeiten sowie Arbeitsschutzmaßnahmen durch einen angemessenen Zuschlag zu den Grundaufwandswerten quantitativ berücksichtigen.

Zusammenfassend sind in Bild 5 die sieben Grundschritte zur Kalkulation von Bauarbeiten im Bestand in einem Ablaufschema dargestellt.

Darstellung der Ergebnisse am Beispiel einer Bestandsbaumaßnahme

Im Folgenden wird das entwickelte Ablaufschema (Bild 5) mit einer beispielhaften Kalkulation einer konkreten Bestandsbaumaßnahme dargestellt.

• Bauaufgabe

Bei dem Bauvorhaben handelt es sich um die Grundsanierung eines funktional ausgeschriebenen Seniorenzentrums. Dazu sollen zunächst die Räume der Bewohner insbesondere in Bezug auf die Sanitäranlagen sowie die heizungs- und klimatechnischen Installationen umgestaltet werden. Aus der vorgegebenen Funktionalbeschreibung der Leistungen wird von der Baufirma X als Generalunternehmer ein Lösungskonzept für die Bauaufgabe in Form eines Leistungsverzeichnisses erarbeitet. Zur Erstellung des Leistungsverzeichnisses und der für die Kalkulation relevanten Projektunterlagen (z.B. Schadstoff-, Bodenuntersuchung und Brandschutzkonzept) werden vom Bauunternehmen verschiedene Fachplaner einbezogen.

• 1. Schritt

Zur Lösung der Bauaufgabe werden in diesem Projekt dem Bauunternehmer vom Bauherrn die Planunterlagen des Architekturbüros Y überlassen. Eine Leistungsbeschreibung in Textform wird dabei der Bauunternehmung nicht zur Verfügung gestellt. Zu einer besseren Übersicht der Leistungsabgrenzungen bzw. des Leistungsumfanges wird auf Wunsch des Bauunternehmens neben den Planunterlagen ein Raumbuch ebenfalls vom Architekturbüro Y erstellt.

Darüber hinaus werden von der Baufirma bei zahlreichen Ortsbegehungen die abzubrechenden bzw. zu ersetzenden Bauteile aufgenommen. Dadurch wird eine Grundlage zur besseren Einschätzung des Zeit- und Kostenaufwandes erarbeitet. Außerdem werden von der Bauunternehmung bei diesen Ortsbegehungen die Ausführungsqualitäten anhand des Gebäudebestandes aufgenommen, um ein bedarfsgerechtes Angebot ausarbeiten zu können.

Zunächst werden von der Bauunternehmung die Informationen aus Planunterlagen, Raumbuch, Bestandsaufnahme, Schadstoffuntersuchung, erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen, Bodenuntersuchung sowie Brandschutzkonzept ausgewertet und die Leistungsbeschreibung mit dem Leistungsverzeichnis erstellt. Dieses dient als Basis für die anschließende Angebotskalkulation. Im Anschluss daran wird die detaillierte Leistungsbeschreibung mit Preisen versehen und daraus ein Angebot erstellt. Als Grundlage für die Preisbildung stehen dem Bauunternehmen dabei Angebote von Nachunternehmern bzw. betriebseigene Zeitaufwandswerte zur Verfügung, die durch Nachkalkulation vergleichbarer Bauarbeiten im Bestand erfasst wurden.

• 2.-3. Schritt

Im Zuge der Kalkulation wird die gesamte Bestandsbaumaßnahme (Gesamtablauf) zunächst in die Hauptgruppen (Teilabläufe) aufgeteilt, die den Titeln des Leistungsverzeichnisses entsprechen. Ferner erfolgt innerhalb der Hauptgruppen eine weitere Unterteilung bis auf Gewerke- und Positionsebene (Ablaufstufe und Vorgang). Dadurch wird die Bestandsbaumaßnahme in die Makroablaufabschnitte zerlegt.

Die dazugehörige Arbeitsablaufgliederung der Bestandsbaumaßnahme wird in Bild 6 dargestellt. Dabei beschränkt sich die Gliederung der Bestandsbaumaßnahme auf die erforderlichen Bauarbeiten zur Umgestaltung der Sanitäranlagen sowie der heizungs- und klimatechnischen Installationen. Es wird zunächst der Installationsschacht geöffnet. Dazu wird die Mauerwerkswand hinter dem Schrank abgebrochen und entsorgt (Pos. 3.310.02.02.0010). Nach der Umgestaltung der Sanitäranlagen sowie heizungs- und klimatechnischen Installationen wird der Installationsschacht wieder zugemauert (Pos. 3.310.04.02.0010). Anschließend wird der elastische Bodenbelag im Bereich des Installationsschachts repariert (Pos. 3.320.02.02.0010). Abschließend wird die Baustelleneinrichtung unter Berücksichtigung des fortlaufenden Betriebs und der Geometrie des Gebäudes konzipiert sowie das passende Bauverfahren gewählt.

• 4.-5. Schritt

In der betrachteten Position 3.310.02.02.0010 werden die Kosten für Abbruch und Entsorgung der Mauerwerkswand kalkuliert (siehe Tabelle 1). Dabei beträgt die Höhe der Wand 2,80 m, die Wandstärke 0,125 m. Der Abbruch der Wand soll mit einem Kleingerät (Drucklufthammer T-Griff 17 kg) erfolgen. Dazu wird ein Kompressor (Comp-Air, 7.6 cbm, Typ C 76) benötigt. Außerdem werden eine Schaufel und eine Schubkarre mit Geräumigkeit ca. 80 Liter zum Transport der Abbruchmasse im Gebäude benötigt. Die eingestellte Arbeitskolonne besteht aus zwei Arbeitskräften. Der Kalkulationslohn beträgt 38,00 €/h. Zunächst wird der Arbeitsinhalt der Position definiert und abgegrenzt. Dafür wird die gesamte Position in zwei weitere Unterpositionen 3.310.02.02.0010.1 und 3.310.02.02.0010.2 zerlegt. Dadurch werden die Mikroablaufabschnitte der Bestandsbaumaßnahme gebildet. In der ersten Unterposition werden die Kosten für Abbruch der Mauerwerkswand und Entsorgung der Abbruchmassen (inklusive Transport) außerhalb des Gebäudes mit dazugehörigen Entsorgungsgebühren kalkuliert. Die Kosten für den Transport der Abbruchmassen innerhalb des Gebäudes werden in der zweiten Unterposition erfasst.

Die Arbeitskolonne wird nach der Art der Arbeit innerhalb der Position so verteilt, dass eine Arbeitskraft die Leistungen für Abbrucharbeiten und die andere Arbeitskraft die Leistungen für Transport der Abbruchmassen im Gebäude ausführt. Der Grund für diese Verteilung ist zum einen, dass die zur Verfügung stehende Arbeitsfläche der Abbrucharbeiten für zwei Arbeitskräfte nicht ausreichend ist, und zum anderen, dass die Zeitaufwandswerte beider Unterpositionen ähnlich sind, was die parallele Arbeit bzw. gleichzeitige Ausführung dieser Tätigkeiten ermöglicht.

• 6.-7. Schritt

Für die Abbrucharbeiten wird der Grundaufwandswert in Höhe von 0,8 h/m³ angesetzt und mit einem Zuschlag infolge der Unterschreitung der Mindestarbeitsfläche in Höhe von 25 %1 [5] beaufschlagt. Daraus resultiert der Zeitaufwandswert für Abbrucharbeiten in Höhe von 1,0 h/m³ (0,8 h/m³ * 1,25 = 1,0 h/m³). Somit betragen die Lohnkosten für die Abbrucharbeiten 38,00 €/m³ (38,00 €/h * 1,0 h/m³ = 38,00 €/m³) (siehe Tabelle 1).

Die Stoffkosten dieser Unterposition bestehen aus Kosten für Abtransport der Abbruchmassen außerhalb des Gebäudes und den dazugehörigen Deponiegebühren und betragen 10,00 € pro Tonne Abbruchmasse. Die Dichte der Abbruchmasse wird mit 2,0 t/m³ angenommen. Dadurch ergeben sich die Stoffkosten bezogen auf einen Kubikmeter der Abbruchmasse in Höhe von 20,00 €/m³.

Die Gerätekosten für die Abbrucharbeiten setzen sich aus Kosten für Drucklufthammer und Kompressor zusammen und ergeben sich aus der Vorhaltung (Abschreibung, Verzinsung und Reparatur) und Betrieb (Stoff-, Wartungs- und Pflege- sowie Bedienungskosten) der Geräte. Dabei betragen die Kosten des Drucklufthammers 0,50 €/h und die Kosten des Kompressors 15,00 €/h. Der festgelegte Zeitaufwandswert für die Abbrucharbeiten ist 1,0 h/m³. Somit betragen die Gerätekosten der Unterposition 3.310.02.02.0010.1 in Summe 15,50 €/m³ (0,50 €/h * 1,0 h/m³ + 15,00 €/h * 1,0 h/m³ = 15,50 €/m³).

Beim Transport der Abbruchmassen innerhalb des Gebäudes (Unterposition 3.310.02.02.0010.2) sind für die Bildung des Zeitaufwandswertes das Volumen der gewählten Schubkarre und die Länge des Transportweges maßgebend. Das Volumen der Schubkarre beträgt ca. 80 Liter (0,08 m³). Die Zeit für Füllung und Transport der Schubkarre zur Entsorgungsstelle und zurück zur Abbruchstelle beträgt ca. 6 Minuten (0,1 h). Daraus resultiert der Zeitaufwandswert für Transport der Abbruchmasse im Gebäude in Höhe von 1,25 h/m³ (0,1 h / 0,08 m³ = 1,25 h/m³). Daraus resultieren Lohnkosten in Höhe von 47,50 €/m³ (1,25 h/m³ * 38,00 €/h = 47,50 €/m³); Stoff- und Gerätekosten entfallen bei dieser Unterposition.

Der Einheitspreis der gesamten Position errechnet sich aus der Summe der Lohn-, Stoff und Gerätekosten der beiden Unterpositionen. Der angesetzte Zeitaufwandswert beträgt für diese Position 2,25 h/m³. Die Lohnkosten der Position liegen somit bei 85,50 €/m³, die Stoffkosten bei 20,00 €/m³ und die Gerätekosten bei 15,50 €/m³. Daraus ergibt sich der Einheitspreis der Position in Höhe von 121,00 €/m³. Die auszuführende Menge der betrachteten Position entspricht dem Volumen der abzubrechenden Mauerwerkswand und beträgt 0,449 m³. Somit erhält man den Gesamtpreis für die Position 3.310.02.02.0010 in Höhe von 121,00 €/m³ * 0,449 m³ = 54,33 € (siehe Tabelle 1).

Nutzungsmöglichkeit für weitere Projekte

Anhand der neusten Daten des statistischen Bundesamtes lässt sich vermuten, dass das Bauvolumen im Bestand weiter steigen und dadurch noch mehr an Bedeutung gewinnen wird. Demzufolge werden die Bauunternehmen gefordert, ihre Angebotskalkulationen zu optimieren und die Kosten für Bestandsbaumaßnahmen durch innovative Techniken und Verfahren zu senken, um die Attraktivität der Bestandsbauarbeiten zu erhöhen.

Zur Optimierung der Angebotskalkulation kann das entwickelte Ablaufschema zur Vorgehensweise bei der Kalkulation von Bestandsbauwerken inklusive der Festlegung von Zeitaufwandswerten gezielt auf die individuellen Einflussfaktoren und Arbeitsbedingungen beim Bauen im Bestand angewendet werden.

Das entwickelte Ablaufschema kann demnach als Art Handlungsleitfaden gesehen werden, der die Vorgehensweise einer Bauunternehmung im Rahmen der Angebotskalkulation von Bauarbeiten im Bestand umfasst. Dazu werden zunächst die Ausschreibungsvarianten sowie die baurechtlichen Aspekte (z.B. Denkmalschutz, Bestandsschutz, Brandschutz) dargestellt, welche die Bauunternehmung beim Erarbeiten vollständiger und für die Kalkulation der Bestandsbaumaßnahme erforderlicher Projektunterlagen berücksichtigen muss.

Darüber hinaus wird insbesondere auch die Vorgehensweise einer Bauunternehmung zur Ermittlung von Zeitaufwandswerten unter Berücksichtigung individueller Arbeitsprozesse und spezifischer Arbeitssysteme als Kalkulationsansatz beim Bauen im Bestand abgebildet. Das Ergebnis des Ablaufschemas zeigt, dass die endgültige Festlegung der Zeitaufwandswerte, welche als Basis für die Kalkulation der Bauarbeiten dienen, durch Beaufschlagung der Grundaufwandswerte zu erfolgen hat, die anhand der Erfahrungswerte, Literaturwerke oder eigenen Überlegungen des Kalkulators ermittelt werden.

Abschließend werden die erzielten Ergebnisse anhand einer konkreten Bestandsbaumaßnahme verifiziert. Dazu wird exemplarisch eine ausgewählte Position des Leistungsverzeichnisses mit detaillierter Beschreibung zur Bildung der jeweiligen Zeitaufwandswerte durchgeführt. Es wird gezeigt, dass im Rahmen der Kalkulation dieser Bestandsbaumaßnahme die gewählten Bauverfahren bzw. Baugeräte, Baustelleneinrichtung und daraus resultierende Transportwege, Mindestarbeitsflächen sowie Erfahrungswerte des Bauunternehmers für die endgültige Festlegung der Zeitaufwandswerte maßgebend sind.

Technische Universität Kaiserslautern

www.bauing.uni-kl.de


Hochtief Infrastructure GmbH

www.hochtief.de

Literatur

[1] Künstner, G. (1984): „REFA in der Baupraxis Teil 3:

Arbeitsgestaltung“, Hrsg. V. REFA Verband für Arbeitsstudien und Betriebsorganisation e.V. – Fachausschuss Bauwesen. ztv-Verlag, Frankfurt am Main

[2] Künstner, G. (1984): „REFA in der Baupraxis Teil 1:
Grundlagen“, Hrsg. V. REFA Verband für Arbeits studien und Betriebsorganisation e.V. – Fachaus schuss Bauwesen. ztv-Verlag, Frankfurt am Main

[3] Hofstadler, C. (2008): „Schalarbeiten“, 1. Auflage, Springer, Berlin, Heidelberg

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