Interview

„Im Herzen Europas!“

Am Standort Reith betreibt die Firma ACO ein Kompetenzzentrum für Polymerbeton Großteile. Hier fertigt das Unternehmen Großrinnen und Behälter aus Polymerbeton. tHIS sprach mit Werksleiter Helge Rauthe, sowie Konrad Breuer, Vertriebsleiter ACO Tiefbau und Heino Messerschmidt, stellvertretender Geschäftsführer ACO Tiefbau.

Aco hat am Standort Reith ein Kompetenzzentrum für Großteile aus Polymerbeton installiert. Sind alle Aktivitäten rund um die Großbauteile hier gebündelt? Welche Vorteile birgt das?

Helge Rauthe: Die Fertigungseinrichtung und die Halle selbst sind speziell auf Großteile ausgerichtet. Das ist sehr investitionsintensiv. Von daher macht es Sinn, dies gebündelt an einem Standort zu tun. Somit können wir hier sehr intensiv und konzentriert unsere Form- und Materialkompetenz gerade für große Teile weiter vorantreiben. Ein weiterer Vorteil ist logistischer Natur. Man hat sich bei ACO für den Standort Reith entschieden, da dieser sich zentral mitten im Herzen Europas befindet. Neben der Investition in die neue Großteilfertigung wurden
übrigens auch die Fertigungseinrichtungen für die Standardprodukte umfassend modernisiert, so z.B. auch in nachhaltige energieoptimierte Anlagen.

Welche Systembauteile werden aktuell in Reith gefertigt?

Helge Rauthe: Wir fertigen hier alle Großteile ab 250 kg in Serie, aber auch Einzelteile bis zu 5 t Fertigteilgewicht, die ACO Drain Monoblock Schlitzrinne SD 200 V in 4 m Baulänge sowie die ACO Drain Monoblock Bordschlitzrinne T 275 V, unsere Tunnelrinne, und die Behälter für Abscheider und Pumpstationen.

Heino Messerschmidt: Gerade in Bezug auf die Fertigung der Behälter für Abscheider und Pumpstationen verfügt der Standort Reith über einen weiteren entscheidenden Vorteil. Unsere Kernkompetenz für Abscheider und Pumpstationen liegt in unserem nahe gelegenen Werk in Bürstadt. Dort ist ein klassisches Betonwerk angesiedelt, in dem heute Betonbehälter für diesen Anwendungsbereich hergestellt werden. Solche Behälter aus Polymerbeton zu fertigen, ist ganz neu. Hier können wir Synergien innerhalb der ACO-Gruppe optimal durch die gezielte Zusammenarbeit der beiden Kompetenzzentren in Bürstadt und Reith nutzen.

Welche Märkte bedienen Sie vom Standort Reith aus?

Konrad Breuer: Den gesamten europäischen Markt, mit Schwerpunkt natürlich in Deutschland, aber auch in Luxemburg, Österreich und in Osteuropa. Alle europäischen Standorte, an denen Großteile benötigt werden, können vom Standort Reith aus beliefert werden.

Warum ist der Werkstoff Polymerbeton gerade für Großrinnen und große Behälter für Abscheider und Pumpsta­tionen so gut geeignet? Wird der Polymerbeton die anderen im Programm befindlichen Werkstoffe auf lange Sicht ablösen?

Heino Messerschmidt: Die Abscheiderserie aus Polymerbeton wurde zum Beginn des Jahres 2013 – zunächst mit nur einer Behältergröße – mit in das Programm aufgenommen. Weitere Größen werden folgen. Das Programm, das wir derzeit in Beton abbilden, soll zukünftig sukzessive auch in Polymerbeton abgebildet werden. Aber jeder Werkstoff hat seine Berechtigung am Markt. Wir fertigen Rinnen aus Kunststoff und Rinnen aus Polymerbeton. Dies ist ein Bestandteil unserer Multi-Material-Strategie in deren Rahmen sich verschiedene Werkstoffe sinnvoll ergänzen.

Helge Rauthe: Unsere Rinnen werden seit über 40 Jahren aus ACO Polymerbeton hergestellt und sie sind heute noch voll in Funktion. Polymerbeton verfügt über besondere Festigkeitseigenschaften, über eine, im Vergleich zum Beton, bessere Druck- und Biegezugfestigkeit. Er ist extrem medienbeständig, gerade auch gegen biogene Gase. Und die Bauteile sind schlanker und leichter im Vergleich zu Beton. Dies spielt gerade in der Tunnelentwässerung eine besondere Rolle, denn somit stehen bis zu 25 % mehr Platz zur Verfügung für Versorgungsleitungen.

Wie ist der Vertrieb national und international rund um die Großbauteile strukturiert?

Konrad Breuer: National sind wir über die ACO Tiefbauorganisation mit 22 Außendienstmitarbeitern, 9 Projektberatern und 2 Key-Account-Managern gut aufgestellt. Die Aufgabe unserer 9 Projektberater ist es ganz aktuell, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Straßenbauämtern, in den Kommunen, aber natürlich auch in der Industrie, konzentriert über all unsere neuen Produkte zu informieren. Hier können wir auch schon erste Erfolge verbuchen. Wir konnten Projekte, an denen wir bereits sehr lange gearbeitet haben, für uns entscheiden. Am Flughafen Köln zum Beispiel konnten wir ein Projekt für uns entscheiden, das nur aufgrund unserer besonderen Fertigungstechnik von 2-m-Elementen in dieser Form realisiert werden konnte. Hier wurde die erste Kastenrinne aus Polymerbeton in 2 m Baulänge verbaut. Für mich die schönste ACO-Rinne. Das wäre ohne unsere Großteilproduktion nicht möglich gewesen.

Helge Rauthe: International ist ACO in Europa mit fast 30 Vertriebsgesellschaften sehr gut aufgestellt. Diese Gesellschaften werden intensiv von unserem Tiefbau Key-Account-Management unterstützt.

Wodurch zeichnet sich die besondere Arbeit Ihres Tiefbau Key-Account-Managements aus?

Konrad Breuer: Wir haben speziell für den Bereich Tunnel sowie für den Bereich Behälter, also für Abscheider und Pumpstationen, 2 Key-Account-Manager bei uns beschäftigt, die beide über ein exzellentes, 100-prozentiges Expertenwissen verfügen. So ist unser Tunnel-Key-Account-Manager zum Beispiel ein ausgewiesener Experte für den Bereich Tunnelbau. Er ist bestens mit den Anforderungen des Marktes vertraut, denn er hat selber schon Tunnel geplant. Er kennt sich mit den verschiedenen Bauverfahren aus, mit allen relevanten Normen und Gesetzgebungen. Unsere Produktberater orientieren sich vielleicht noch ein bisschen stärker am Produkt, während der Key-Account-Manager eher die Bedürfnisse seines spezialisierten Marktes fest im Blick hat. Er bringt alles mit, was für die Produktentwicklung wichtig ist und vom Markt her gefordert wird. Aber alle zusammen – unsere Außendienstmitarbeiter, unsere Projektberater sowie unsere Regionalverkaufsleiter und unsere Anwendungstechniker – alle zusammen sind wir ein Team von Spezialisten, die morgens aufstehen und vor dem Frühstück schon in Richtung Tiefbau denken.

Heino Messerschmidt: Und die immer auch im Verbund der ACO-Produkte denken. Wir haben vor rund 3 Jahren damit begonnen, die ACO-Systemkette zu kommunizieren. Diese haben wir sehr gut im Markt etabliert. Die Grundvoraussetzung hierfür ist es natürlich, dass jeder ACO-Mitarbeiter diese Systemkette immer im Hinterkopf hat.

Wie findet der Informationsaustausch innerhalb Ihres Teams statt. Was gibt es für Kommunikationsschnittstellen?

Heino Messerschmidt: Wir arbeiten mit einem Objektverfolgungssystem. Hier werden alle Informationen über ein Objekt eingepflegt und sind dementsprechend auch für alle Beteilig-ten nachlesbar und nachvollziehbar. Alle Mitarbeiter geben alle vorhandenen Informationen zielführend ein. Wir haben auch eine mobile Anwendung für das System, so dass Eingaben auch von unterwegs aus jederzeit möglich sind.

Wo werden zukünftig Entwicklungsschwerpunkte in Bezug auf Großbauteile, ihre Anwendungsbereiche oder den Werkstoff Polymerbeton liegen?

Helge Rauthe: Natürlich sehen wir einen wachsenden Bedarf für Großteile aus Polymerbeton, speziell im Infrastrukturbereich. Nachhaltige Entwässerungsgegenstände sind hier immer gefragt. Dazu steigen wir mit unserem angestammten Werkstoff gerade in den Leichtflüssigkeitsabscheidermarkt und gewinnen damit schnell an Erfahrung für Behälter aus Polymerbeton allgemein, die dann für unterschiedlichste Anwendungen ausgebaut werden können.

Welche Ziele verfolgt die ACO-Unternehmensgruppe in Bezug auf die Großbauteile für die Zukunft?

Heino Messerschmidt: Der neue Werksteil hier in Reith, mitten in Europa, ist zentraler Bestandteil unserer Wachstumspläne im Infrastrukturmarkt. Darüber hinaus erschließen wir uns neue, hochmoderne Fertigungsmethoden, die hier für die Herstellung von Großteilen angewendet werden. Die Herausforderungen der neuen Anwendungsbereiche bringen uns in der Werkstoffentwicklung weiter und wie im Rennsport können wir Erfahrungen aus der Extremsportart für die Standardserienfertigung gewinnen.

Herr Rauthe, Herr Breuer, Herr Messerschmidt, vielen Dank für das interessante, offene Gespräch!
ACO Reith – Kompetenzzentrum für Polymerbeton Großteile Produktion in Reith: seit 1960

Fertigung von Bauelementen aus Polymerbeton: seit 1972
Eröffnung des Kompetenzzentrums für große Teile: April 2012
Hallenfläche: 4.300 m2
Gelände: 70.000 m2, davon bebaut: 25.000 m2
Produktion: 25.000 t pro Jahr
Mitarbeiter am Standort Reith: 140

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