IM GESPRÄCH MIT MIT FRANK FRICKENSTEIN

Hyundai ist in Deutschland angekommen

Im Frühjahr 2013 traf sich die Redaktion tHIS mit Frank Frickenstein, Gesamtvertriebsleiter Baumaschinen Deutschland der Hyundai Heavy Industries, kurz HHI, zu einem ausführlichen Gespräch über Baumaschinen, über Hyundai und über den deutschen Markt.

Ihr Präsident Lee Jai-Seong spricht davon, dass die Euro-Zone mit ihrer Finanzkrise und eine abkühlende chinesische Wirtschaft negative Einflüsse auf die weltweite Konjunktur haben. Wie interpretieren Sie vor diesem Hintergrund die Investition von circa 25,7 Mio. € in das Joint Venture mit Cummins?

Frank Frickenstein: Das Joint Venture mit Cummins ist sehr langfristig angelegt und soll sicherstellen, dass wir den zukünftigen Anforderungen an Motormanagement und Motortechnik entsprechen. Hier natürlich vor allem bei den sich weiter verschärfenden Abgasrichtlinien.

Eine Botschaft aus Südkorea lautet: Konsolidierung in die Kernkompetenzen. Was bedeutet das konkret für den Bereich Baumaschinen in Deutschland?

Frank Frickenstein: Hyundai siedelt seine Kernkompetenz gezielt im Bereich der Produktion und hier in der anstrebten Fertigungstiefe an, um solide und qualitativ hochwertige Produkte anbieten zu können. Soll heißen, dass wir neben dem erwähnten Joint Venture bei der Komponente Motor auch weitere Komponenten selbst herstellen, um so die Qualität unabhängig von Zulieferbetrieben sicherstellen zu können.

Die Engine & Machinery Division versucht neue Märkte zu generieren, indem die Abteilung einen umweltfreundlichen Antrieb auf Basis von Erdgas für die Schifffahrt entwickelt. Inwieweit fließen diese Entwicklungen in die Baumaschinen-Division ein?

Frank Frickenstein: Ich bin mir nicht sicher, ob wir von Synergieeffekten beim Schiffsbau ausgehen können, aber viele andere Bereiche bei Hyundai haben (neben den eben erwähnten Komponenten wie den Steuerungen) einen deutlichen Synergieeffekt auf Entwicklungen im Baumaschinenbereich.

Trotz oder gerade wegen der Konsolidierung entwickelt Hyundai bei den Baumaschinen unterschiedliche Modelle für unterschiedliche Märkte. Gibt es ein Europamodell oder sogar ein Deutschlandmodell?

Frank Frickenstein: Es gibt im Prinzip das Europamodell, das dann zeitversetzt in den anderen Märkten nach Notwendigkeit eingeführt wird.

Auf welchen Märkten sehen Sie Potenzial? Ist Deutschland für Sie ein Key- Market oder betrachten Sie in erster Linie ganz Europa?

Frank Frickenstein: Natürlich ist Deutschland immer auch ein Key Market. Vielleicht wurde dieser aber in der Vergangenheit noch nicht als ein solcher betrachtet. Gleichwohl haben wir hier in den letzten zwei Jahren den Turnaround herbeigeführt, um auch von Deutschland aus Maßstäbe für Europa zu stecken. Somit ist Deutschland heute für Hyundai definitiv ein Key-Market.

In Europa gibt es seit mehr als einem Jahrzehnt eine Wachstumskrise. Was sind aus Ihrer Sicht die Ursachen dafür?

Frank Frickenstein: Wenn man Europa mit stark wachsenden Märkten in Asien vergleicht, ist das Wachstum hier natürlich sehr gering. Aber wir betrachten Europa viel mehr als zyklischen Markt (zum Beispiel bei der Ersatzbeschaffung), den man auch so bearbeiten muss. Echtes bereinigtes Wachstum gibt es in Europa kaum noch.

HHI hat eine virtuelle Arbeitsumgebung für Radlader entwickelt. Damit können Sie Interaktionen realistisch nachbilden. Aus welchem Grund haben Sie dieses virtuelle System entwickelt und welche Vorteile versprechen Sie sich davon?

Frank Frickenstein: Das ist zum Beispiel bei der Kabinenentwicklung ein Thema, wo es sehr kostenintensiv ist, für die Kunden echte Musterkabinen zu fertigen. In dieser virtuellen Welt kann Hyundai zusammen mit den Kunden dies einfacher und schneller zu einem optimalen Ergebnis bringen.

Welchen Einfluss hat die virtuelle Entwicklung bei der Gestaltung bzw. beim Design der künftigen Baumaschinen von Hyundai? Gibt es im Verlauf der Maschinenentwicklung in Deutschland auch ein qualitatives Feedback?

Frank Frickenstein: Ja, das ist definitiv so. Es gibt kaum eine Entwicklung, die nicht von einer Erhebung beim Kunden in Deutschland begleitet wird. Die von Händler und Kunden erhobenen Daten werden nach Korea zurückgespielt und berücksichtigt. Bis hin zur eben erwähnten Live-Mitentwicklung in Korea an den virtuellen Kabinen.

Wie werden sich Ihrer Einschätzung zufolge ihre Baumaschinen in den jeweiligen Gattungen weiter nach Gewicht und Ausstattung entwickeln?

Frank Frickenstein: Mit dem auf der Intermat vorgestellten 120-t-Bagger wird das obere Ende der Palette erst einmal kurzfristig erreicht sein, unabhängig von Weiterentwicklungen in Ausstattung und technischen Ergänzungen.

Fachleute sagen, dass auch der Bagger immer mehr zu einem Trägergerät wird.

Frank Frickenstein: Das würde ich gerade für Deutschland unterschreiben, vielleicht noch mit der Unterscheidung zwischen Raupenbaggern und Mobilbaggern, da letztere noch viel stärker als Trägergeräte zum Einsatz kommen. Aber auch unsere Raupenbagger sind so konzipiert, dass sie als Trägergeräte dienen können, um vielen Einsatzanforderungen gerecht zu werden.

Stichwort Prozessmanagement und Maschinenauslastung: Die Entwicklung der Datenübertragung in Echtzeit von der Maschine in das Baubüro geht voran. Die Baumaschinenindustrie hat sich noch nicht auf einen Standard geeinigt. Welchen technologischen Weg beschreitet Hyundai bei der Übermittlung relevanter Maschinendaten bzw. Fahrerdaten?

Frank Frickenstein: Hyundai hat hier ein eigenes System, was aber dank der hohen Population unserer Maschinen im Weltmarkt und durch den enormen Umfang von abrufbaren Informationen bis in einzelne Komponenten hinein, eine hohe Dichte und Wertigkeit an Wartungs-, Standort- und Betriebsdaten liefern kann. Das System bietet sehr umfassende Informationen.

Thema Abgasreduktion und Partikeldiskussion in der Baubranche: Was heißt das für Sie konkret für die Entwicklungen der Baumaschinen? Sind wir bei der Entwicklung schon am Ende der Fahnenstange oder gibt es noch Reserven?

Frank Frickenstein: Das Problem für alle Baumaschinenhersteller ist gleichermaßen, dass wir von den Richtlinien getrieben sind und dem Kunden zunächst direkt kaum ein Nutzen entsteht. Dieser entsteht aber natürlich der Gemeinschaft durch verbesserte Umweltqualitäten. Die Verschärfungen gehen ohne Frage weiter, da ist kein Ende abzusehen, so dass irgendwann das Thema Hybridantrieb sich durchsetzen wird und muss.

Ist für Sie Hybrid hier nur ein Weg oder verlässt man sich ganz auf eine solche Technologie?

Frank Frickenstein: Der Hybridantrieb ist für uns erst einmal ein Weg, der ab 2014 in einigen Modellen zur Verfügung stehen wird. In der Zwischenzeit werden massive Anstrengungen unternommen, kraftstoffeffizient und damit umweltfreundlicher zu arbeiten und die entsprechend geltenden Richtlinien zu erfüllen, mit allen Maßnahmen, die heute technisch möglich sind.

Der deutsche Baumarkt entwickelt sich je nach Bausparte sehr unterschiedlich. Wie bewerten Sie die Absatzsituation von Hyundai in Deutschland jetzt und für die kommenden zwei Jahre?

Frank Frickenstein: Nachdem 2010 der Markt wieder auf ein normales Niveau zurückgekehrt ist, ist es uns in den letzten zwei Jahren gelungen, ein Wachstum von mehr als 30 Prozent zu generieren. Auch ein Grund, um erstmal eine Deutsche Niederlassung für Hyundai zu rechtfertigen. Ich gehe davon aus, dass wir auch weiter mit dem, was wir als Hyundai zu bieten haben, in ähnlichem Umfang wachsen werden.

Können Sie das in Einheiten für Deutschland quantifizieren?

Frank Frickenstein: Wir haben erstmalig in Deutschland im Jahr 2012 ca. 400 Einheiten verkauft, was in unserer spezifischen Palette einiges zählt.

Der Handel hat sich in den letzten Jahren von seiner Bedeutung für den Bauunternehmer immer weiter entwickelt. Wie beschreiben Sie Ihre jetzige Vertriebsstrategie und welche Schritte sind in der Zukunft zu erwarten?

Frank Frickenstein lächelt: So kommt das eigentlich komplexeste Thema zum Schluss. Wir beobachten alle, dass sich die Händlernetze in Deutschland in den letzten 15 bis 20 Jahren massiv verändert haben. Immer mehr Einsatz der Hersteller steckt hinter und in diesen Händlernetzen, aber wir haben auch Eingangs gesagt, wir konzentrieren uns auf unsere Kernkompetenzen und das ist auch so: Produktion und Produkte, das sind unseren Kompetenzen. Handel und Vertrieb, das sind die Kompetenzen unserer Partner, unserer Händler und das wird auch weiterhin so sein.

Für viele Bauunternehmer steht die Finanzierung im Mittelpunkt der Beschaffung. Welche Angebote macht Hyundai bzw. wird Hyundai in der nahen Zukunft anbieten?

Frank Frickenstein: Seit zwei Jahren bieten wir auch Endkunden eine Finanzierung an, die wir unter dem Dach „Hyundai Finance“ gebündelt haben. Hierbei handelt es sich um eine subventionierte Finanzierung, die definitiv als solche dem Kunden zu Gute kommt. Darüber hinaus bieten wir neben der Finanzierung noch andere Tools, die für ein koreanisches Unternehmen relativ neu sind: z. B. Gewährleistungsverlängerungen sowie Service- und Wartungspakete.

Wie sehen Sie das Mietgeschäft und seine Entwicklung?

Frank Frickenstein: Der Anteil des Mietgeschäfts in Deutschland ist bislang auf 40-50 % gewachsen und wird weiter wachsen. Wir werden gemeinsam mit unseren Händlern unseren Kunden hier auch erstmalig dieses Jahr die entsprechenden Angebote machen können, auch bei größeren Geräten.

Hyundai will weiter wachsen, im Weltmarkt ist Platz drei bei den Baumaschinen angepeilt. Kann und will man hier nur organisch, aus eigener Kraft, wachsen oder kann es auch Zukäufe geben?

Frank Frickenstein: In der Vergangenheit war das Wachstum von Hyundai vornehmlich organischer Natur, aber es gibt natürlich auch immer die Möglichkeit, passende Produkte und Hersteller zu integrieren. Trotzdem ist die koreanische Natur hier eher zurückhaltend.

Herr Frickenstein , wir bedanken uns für das Gespräch!

Hyundai Heavy Industries

Hyundai Heavy Industries, weltgrößte Werft und weitverzweigter Technologiekonzern, begann im Jahr 1985 mit dem Baumaschinengeschäft, der heute 17 % des Konzernumsatzes ausmacht. Hyundai Heavy Industries fertigt Radlader und Hydraulikbagger. Mobilbagger und Skidsteer-Loader runden das Portfolio ab. Der weltweite Umsatz mit Baumaschinen stieg von 1,525 Mrd. $ in 2006 auf 4,1 Mrd. $ in 2011 – für 2013 werden rund 5 Mrd. $ Umsatz erwartet – rund 286 Mio. $ setzt Hyundai Heavy Industries Europa mit Sitz in Geel/Belgien jährlich in Europa um. Alleine in Deutschland werden jährlich mehr als 400 Baumaschinen verkauft. In Europa besteht das enggeknüpfte Händlernetz aus 91 Partnern – in Deutschland sind derzeit acht Händler mit ihren Niederlassungen und verbundenen Händlern bundesweit aktiv. Hyundai Heavy Industries besitzt in China und Indien fünf Baumaschinenfabriken mit einer Gesamt-Jahreskapazität von 70.000 Einheiten. Das Stammwerk im koreanischen Headquarter Ulsan fertigt 33.500 Einheiten jährlich – davon rund 11.500 Frontstapler. Die nächste große Expansion mit einem eigenen Baumaschinenwerk steht in Brasilien an. In der südkoreanischen Stadt Deagu, 120 km nordwestlich von Ulsan gelegen, errichtet Hyundai Cummins Engine Company, ein 50:50-Joint Venture, mit einem Investitionsaufwand von 40 Mio. $ eine der modernsten Dieselmotorenfabriken weltweit. Das Werk soll 2014 den Betrieb aufnehmen und jährlich 50.000 Motoren bis 224 kW produzieren, diese werden für die Hyundai-Ketten- und Mobilbagger, Radlader, schwere Frontstapler und andere Baumaschinen des Konzerns gefertigt.

Hyundai auf der Bauma 2013: Freigelände 8, Stand 813A

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