Hoch hinaus

Sozialverträgliche Dachgeschoss-Aufstockung eines ganzen Straßenzuges

Eine anspruchsvolle Aufstockung in Holzsystembauweise – die Sanierung eines ganzen Straßenzuges – sorgt bei einem laufenden Bauvorhaben in Berlin für bemerkenswerte Eindrücke. 12 Gebäude mit 192 Bestandswohnungen gehören zu einer 1930 im Gartenstadtcharakter angelegten Wohnsiedlung in Berlin-Lichterfelde. Diese wurden aufgrund ihrer guten Lage innerhalb der Siedlung und des starken Sanierungsbedarfes für eine umfassende Sanierung ausgewählt.

Seit Anfang 2014 wurden in einem ersten Schritt vier Häuser der Schwelmer Straße saniert – 70 Mietparteien freuen sich bereits über die überaus positiven Veränderungen der Wohn-situation. Inzwischen sind bereits 36 neue Wohnungen in den aufgestockten Bereichen entstanden. Umgesetzt wird die Holzbau-Aufstockung von Arche Naturhaus, Mitglied der deutschlandweit aktiven ZimmerMeisterHaus-Gruppe. Nach und nach werden nun alle Gebäude durch die in der Zimmerei vorgefertigten Holzmodule aufgestockt, um neue, familienfreundliche Wohnungen zu schaffen. Die Fertigstellung des Straßenzuges ist für 2016 vorgesehen.

Bauaufgabe sozialverträglich gestaltet

Der Bauherr „Märkische Scholle Wohnungsunternehmen eG“ entschloss sich zu einer Komplettsanierung mit Umstellung des Heizsystems von Fernwärme auf regenerative, am Gebäude erzeugte Energie zur Heizung und Warmwasserversorgung. Zusätzlich sollte neuer, familiengerechter Wohnraum mit großen Wohnungsgrundrissen entstehen, da dieser in der Wohnanlage bislang nur spärlich vorhanden war. Die über die Jahre stark gestiegenen Instandhaltungskosten waren für die Eigentümer und Mieter inzwischen nicht mehr vertretbar. Durch die hohe Auslastung der Wohnungen konnten Sanierungen der Bäder, Stränge und Elektrik nur sehr sporadisch, beispielsweise bei Auszug eines Mieters, durchgeführt werden. Rohrbrüche, hohe Ausfälle der Elektrik durch Überlastung und eine schlechte Wärmeversorgung aufgrund des veralteten Verteilungssystems sorgten zeitweise für erheblichen Ärger bei den Mietern. Den Bewohnern wird nun während der Bauzeit von den Eigentümern eine sogenannte Umsetzwohnung angeboten. Anfallende Kosten für den vorübergehenden Umzug werden übernommen.

Viel mehr Platz durch Aufstockung um 1,50 Meter

Das Planungskonzept für diese Bauaufgabe stammt von dem Unternehmen eZeit Ingenieure aus Berlin. Die Planer haben sich für das Vorhaben eine Menge spannender Lösungen einfallen lassen. Für den schon existierenden, hohen Dachspeicher wählten sie einen Dachgeschossneubau in Holz, der die Gebäude nur um ca. 1,50 m erhöht. Die äußerst kompakte Bauform ermöglicht es, ohne übermäßig dicke Dämmstärken den jährlichen Heizwärmebedarf inkl.  Warmwasser von ursprünglich ca. 200 bis 210 kWh/m² auf ca. 33 kWh/m² inklusive Warmwasser zu senken. Der alte Dachraum wird in allen Gebäuden rückgebaut und durch den Neubau aus Holzfertigteilen ersetzt. Durch eine intelligente Anlagentechnik sowie eine Beheizung des Gebäudes mit niedrigen Vorlauftemperaturen wird der nun nutzbare Solarertrag der solarthermischen Anlage langfristig enorm erhöht: von rund 300 kWh pro Quadratmeter und Jahr auf über 650 kWh.

Bezahlbar aufgewertet

Der Vorteil für die Mieter liegt klar auf der Hand: Der Großteil ihrer bisherigen Energiekosten entfällt. Durch die fast vollständige Unabhängigkeit von Strom- und Energielieferungen sind die Mitglieder zudem kaum mehr von steigenden Energiepreisen betroffen. Vielmehr wird die neue Warmmiete der bisherigen Warmmiete nahezu entsprechen. Bisher zahlten Mieter 7,94 Euro Warmmiete pro Quadratmeter, bei 32 Quadratmetern, also einer durchaus Lichterfelde-typischen Wohnung, machte das 254,08 Euro. Nach der Sanierung könnte die Miete rechtlich zulässig auf 12,92 Euro je Quadratmeter angehoben werden; die Wohnung würde dann über 413,- Euro kosten.

Das will die Genossenschaft ihren Mitgliedern nicht zumuten. Deshalb legte sie die Warmmiete im genannten Beispiel auf 8,25 Euro je Quadratmeter fest; die sanierte Wohnung kostet damit 264 Euro – gerade 10,- Euro mehr als zuvor. Das autarke regenerative Energiekonzept drückt den derzeit hohen Verbrauch in den Gebäuden erheblich nach unten. Auch bei der Sanierung selbst kann man schon viel Zeit und Energie sparen.

„Wir haben hier mit der Vorfertigung in der Holzfertigbauweise enorme Vorteile, da nichts dem Zufall überlassen wird.“ sagt Thomas Rintsch, Geschäftsführer der Arche Naturhaus GmbH. „Die Montagedauer ist kurz und erfolgt direkt auf der Baustelle. So kann man für die Mieter eine erträgliche Umbauphase gestalten und ihnen zügig eine neue und komfortable Wohnsituation präsentieren.“ Die Sanierung ist ein vorbildliches Projekt für den Umgang und Erhalt prägender Bausubstanz und als Beispiel für Bauprojekte dieser Größenordnung.

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