Hauptbahnhof Dresden –
eine logistische Herausforderung

Anspruchsvolles Schlauchlining-Projekt

Die Stadtentwässerung Dresden (SEDD) setzt seit den 90iger Jahren erfolgreich auf die Inlinersanierung zur Sicherstellung des Kanalnetzbetriebes. Im Rahmen dieser Sanierungsstrategie wurde unlängst am Hauptbahnhof Dresden ein 340 m langer Mischwasserkanal DN 1000/1500 mittels Schlauchlining saniert.

Der im Jahre 1890 erbaute Kanal unterquert auf seinem gesamten Trassenverlauf das Gleisnetz im Zufahrtsbereich zum Hauptbahnhof. Dieser Mischwasserkanal führt die Abwässer aus dem öffentlichen Netz der Zwickauer Straße und die Gleisentwässerung der Hauptbahnhofsüdseite ab und mündet vor der Bahnhofshalle in einen Gebietshauptkanal. Weiterhin fungiert der Kanal als Rückstausystem zur Vermeidung eines Überstaus bei starken Regenereignissen im Bahngelände.

Schwieriger Trassenverlauf

Aufgrund des maroden Zustandes des Kanals trat 2004 die Stadtentwässerung an das Ingenieurbüro IBK Dresden heran, um im Zuge einer Vorplanung Lösungs- und Verfahrensvarianten für die Instandhaltung des MW-Kanal auszuarbeiten. Der entscheidende Faktor war hierbei, dass auf der gesamten zu sanierenden Strecke keiner der Schächte mit Straßenfahrzeugen anfahrbar war. Eine Auswechselung im Tiefbau, welche aufgrund des Trassenverlaufes mit Querung einer Stützmauer und mehrerer stark frequentierte Gleise eine erhebliche Einschränkung des Zugverkehrs im Hauptbahnhof Dresden bedeutet hätte, schied somit bereits im Vorfeld aus. Nachdem das Ergebnis eines 3D-Scans die Sanierung mittels einzubauender Kurzrohrmodule DN 900/1350 auf Grund abweichender Querschnitte und Deformationen als nicht realisierbar erscheinen ließ, wurde eine weitere Profilreduzierung erwogen. In Folge dessen kam nur ein kleineres GfK-Profil DN 800/1200 mit größerer endgültiger Querschnitteinengung in Frage. Die DB AG forderte jedoch eine Überstaufreiheit des Kanals für ein 10-jähriges Regenereignis. Die hydraulische Netzberechnung ergab, dass durch den verringerten Stauraum des Kanals diese Forderung nicht erfüllt werden konnte.


Schlauchlining die beste Lösung

Nach Abwägung aller Randbedingungen entschied man sich letztendlich für das Schlauchliningverfahren. Es stellt aufgrund der erforderlichen statischen Wandstärke von nur 28 mm die minimalste Querschnittsreduzierung dar. Zudem ist die Einschränkung des laufenden Bahnbetriebs auf ein von der DB akzeptables Maß minimiert worden, indem der komplette zu sanierende Abschnitt mit einer Länge von 340 m in einem Einbauabschnitt (Inversion) ausgeführt werden konnte.
Alle bahnrelevanten Ausführungsgenehmigungen, wie ein stundengenauer Bauablauf sowie statische Nachweise und Zertifikate der zu verbauenden Materialien, mussten bereits Monate im voraus beim Eisenbahnbundesamt (EBA) eingereicht werden, um zum einen die Baufreigabe und zum anderen alle notwendigen Sperrgenehmigungen der einzelnen Bauzustände zu erlangen. Durch die zielstrebige Herangehensweise der Stadtentwässerung Dresden und dem Ingenieurbüro, alle anstehenden Problematiken und Abläufe im Detail an einem Tisch mit allen Beteiligten im Vorfeld zu diskutieren, erfolgte die Ausführung der Baumaßnahme vollkommen reibungslos.

Bauausführung

Ende August 2009 begann dann das eng getaktete dreimonatige Bauprojekt. Zur verbesserten Erreichbarkeit der Baustelle wurde zu Beginn von der ca. 120 m entfernten Brücke „Budapester Straße“, welche den Zufahrtbereich des Bahnhofes quert, ein 16 m hoher begehbarer Treppenturm ins Bahngelände errichtet. Dieser ermöglichte über die gesamte Bauzeit den direkten Zugang auf das Bahngelände ohne kostenintensives Sicherungspersonal. Zur Speisung der Baustelle mit Bauwasser wurde eine ca. 200 m lange temporäre doppelwandige Trinkwasserleitung von der Budapester Straße über den Treppenturm zum Baufeld geführt, da im gesamten Bahngelände keine Hydranten vorhanden waren. Am vorgesehenen Inversionsstandort begann man nun für die anstehenden Tiefbauarbeiten mit dem Gleisrückbau, der Verschwenkung der Gleise, der Erdung sowie der Spannungsfreischaltung der Oberleitungen.
Für den anspruchsvollen Tiefbaupart der Maßnahme konnte Insituform - wie bereits 2007 bei dem ähnlich komplexen, oberhalb angrenzenden Sanierungsabschnitt DN 700/1050 mit einer Sanierungslänge von 272 m - das kompetente Tiefbauunternehmen Heinrich Lauber GmbH gewinnen.

Vor Beginn der Aushubarbeiten erfolgte die Sicherung der angrenzenden Stützmauer mittels Ankertechnik. Für das im Anschluss vor Ort hergestellte Bauwerk, mussten mehrere Felslagen abgetragen werden. Der Konstruktionsbeton für das Inversionsbauwerk gelangte vom Pumpfahrzeug auf der Budapester Brücke über eine ca. 175 m lange Betonleitung an seinen Bestimmungsort.


Linertransport nur über
die Schiene möglich

Parallel zu den Tiefbauarbeiten liefen im Insituform-Kompetenzzentrum Geschwenda die vorbereitenden Arbeiten für den Linerantransport. Aufgrund der Länge und Größe des zu sanierenden Kanals und der sich in diesem Zusammenhang ergebenden Transportgewichte und -abmessungen, war ein Antransport des Inliners ausschließlich über die Schiene möglich.

Hierfür wurde ein bahngenormtes Transportgestell mit 22 m Länge angefertigt. Der eingesetzte Schwerlastwaggon mit seiner maximalen Ladefläche von 16,20 m bedingte aufgrund des beidseitigen Überhangs des Gestells zusätzlich zwei Schutzwaggons. Die hieraus resultierende Lademaßüberschreitung und der Umstand der Schwerwagensendung erforderte für die „Zugbeförderung einer außergewöhnlichen Sendung“ eine so genannte „Bza“ der Bahn.

Zur Verladung des 90 t Inlinerpaketes für den Schwertransport als auch für den Bahntransport ab Arnstadt, kamen zwei 140-t-Krane zum Einsatz. Das absolute Gesamtgewicht für den Straßentransport belief sich demzufolge auf 175 t.
Alle Gerätschaften und Materialien für die gesamten Arbeiten im Hauptbahnhof mussten über Schienenverkehr zur Baustelle befördert werden. Hierbei kamen unter anderem, wegen der Höhenbegrenzung der Oberleitungen, Spezialwaggons der ehemaligen rollenden Landstraße so genannte „Saadkms“ zum Einsatz. Ziel aller Bemühungen war es, einen Zustand ähnlich dem bei herkömmlichen Linerbaustellen im Straßenverkehr zu schaffen. Dabei musste beginnend von der richtigen Beladung der Waggons (leichte bis schwere Hubarbeiten) über Kraftstoffversorgung der kompletten Heiztechnik für die Inlineraushärtung bis hin zur exakten Positionierung in den vorgeschriebenen Gleisabschnitten alles berücksichtigt werden.
Als Partner für alle Zugbewegungen im Hauptbahnhof sowie dem Linertransport von Arnstadt nach Dresden konnte Insituform den Bahnlogistiker, die DB Schenker AG, gewinnen. Wobei die gesamte Zug- und Rangierlogistik ab Dresden komplett in den Händen der Insituform-Bauleitung lag.

Alle Reinigungs- und TV-Befahrungsarbeiten des Kanals erfolgten von einem außerhalb des Bahngeländes, auf der Ostseite des Hauptbahnhofes liegenden Schacht. Dabei war eine Strecke bis zum Inversionsbauwerk von ca. 440 m zu bewältigen, um den Kanal zu reinigen.
Vom Aufbau über Inversion und Fertigstellung des Liners bis hin zur Räumung der kompletten Inlinertechnik standen nur sieben Tage im Gleisbereich zur Verfügung. Dabei kamen zum Aufheiz- und Aushärteprozess des ca. 400 m3 Befüllungsvolumens vier Heizanlagen mit jeweils 1500 kW Heizleistung zum Einsatz. Sofort nach Beendigung des Linereinbaus begann die Wiederherstellung von Gleisanlagen und Oberleitungen in diesem Bereich, um im Anschluss daran ca. auf der Hälfte der sanierten Linerstrecke ein weiteres Stahlbetonbauwerk direkt neben einem angrenzenden ICE- Einfahrtsgleis – in vorgegebenen Nachtsperrpausen von jeweils fünf Stunden Zeitfenster – zu erstellen.

Zur Komplettierung der Maßnahme wurden durch Insituform alle Anschluss- und Laminatarbeiten ausgeführt, so dass
ab Dezember 2009 der sanierte Kanalabschnitt wieder regulär in Betrieb gehen konnte.n

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