Geht nicht gibt`s nicht!

Sammler DN 1500 mit einem 180-Grad-Bogen gewickelt

In Neu-Ulm galt es einen Sammelkanal DN 1500 mittels Renovationsverfahren auszukleiden, der im Halbbogen um 180 Grad auf einen Radius von 29 Metern verläuft. Eine nicht ganz alltägliche Bauanforderung.

Neu-Ulm, Industriegebiet Reuttier Straße Kreuzung Europastraße - ein vielbefahrener Kreisverkehr, untertunnelt mit zusätzlichen Fahrbahnen. Dieses Szenario stellt schon für den nicht ortskundigen Autofahrer eine Herausforderung dar. Die Sanierung des darunterliegenden Abwassersammlers für Planer und ausführende Unternehmen eine noch deutlich Größere.

Bei der geschlossenen Kanalsanierung ist kaum eine Baustelle wie die andere. Es stellt sich immer eine gewisse Herausforderung, die individuell gelöst werden muss. Sei es, dass die Standflächen für die Fahrzeuge knapp und schwer zugänglich sind oder die Geometrie der Rohre und Schächte Probleme macht. Ein gewisses Maß an Besonderheiten kann durchaus als Standard bezeichnet werden. Wenn allerdings ein Sammelkanal DN 1500 mittels Renovationsverfahren ausgekleidet werden soll und dieser Kanal auch noch im Halbbogen um 180 Grad auf einen Radius von 29 Metern verläuft, dann ist das schon eine größere Herausforderung. Die lebhafte Verkehrslage und ein Trockenwetterabfluss von 150 Litern pro Sekunde sind bei einer derartigen Geometrie fast Nebensache.

 

Komplexe Bauanforderungen

Diese oben beschriebenen Gegebenheiten finden sich in Neu-Ulm. Die Fahrbahn der Europastraße ist an besagter Stelle sechsspurig ausgebaut und verläuft teilweise unterirdisch in einem Tunnel. Der Kanal unterhalb der Fahrbahn der Reuttier Straße entwässert die Industrieseite und quert an dieser Stelle die Europastraße. Im Zuge des Ausbaus der Infrastruktur mit Kreisverkehr und Tunnel musste der Verlauf des Kanals umgeleitet werden. Anstatt eines Dückers wurde das Rohr mit einem Knick Richtung Westen verlegt. In dem Bereich, in dem die Tunnelspur wieder die Geländeoberkannte erreicht, unterquert der Kanal alle Fahrbahnspuren im 180-Grad-Bogen in einem Radius von rund 29 Metern. Im Anschluss führt das Rohr wieder in Richtung Kreisverkehr, wo es schließlich in die ursprüngliche Trasse mündet. Insgesamt handelte es sich bei der Sanierung dieses Sammlers um eine Strecke von rund 370 Kanalmetern.

Das Ingenieurbüro ISAS aus Füssen erstellte die Ausführungsplanung und leitete das anspruchsvolle Projekt. Als Amtsvorschlag wurde das SWP-Wickelrohrverfahren öffentlich ausgeschrieben, wobei auch Varianten bei der Eröffnung zugelassen waren. Die Geiger Kanaltechnik mit ihrer Niederlassung in Kempten erhielt den Zuschlag für das wirtschaftlichste Angebot.

 

Testlauf erfolgreich durchgeführt

Nachdem es bisher noch kein vergleichbares Sanierungsprojekt für die Beteiligten gegeben hatte, mussten alle Parteien darauf setzen, dass die theoretischen Grenzbereiche auch tatsächlich realisierbar waren. Mit dem Wissen, dass spezialisiertes Personal mit viel Erfahrung ein flexibles Sanierungssystem verbaut, konnte man diese Herausforderung jedoch guten Gewissens annehmen. Dennoch sollten die Arbeiten nicht ohne einen Trockenversuch beginnen, um eventuellen Komplikationen vorzubeugen. Zu Testzwecken wurden im Bauhof der Geiger Kanaltechnik Betonrohre mit DN 1500 vorbereitet. Die Tester legten 2,5 Meter lange Rohrstücke mit einem Winkel von 22,5 Grad an, genau wie der Originalkanal in Neu-Ulm. Der oberirdische Versuchsaufbau zeigte schnell, dass die Wickelung der Probestücke nicht problemlos ablief. Es tauchten in der Praxis Komplikationen auf, die zuvor in der Planung nicht erkennbar waren. Verschiedene Einbauvarianten wurden getestet, Lösungswege variiert, bis sich die ersten Erfolge einstellten. Die Tester kamen schließlich zu dem Ergebnis, dass die Einbauvariante mit den Segmentbögen zur Umsetzung am besten geeignet war. Die Lösung war somit gefunden und die Testphase abgeschlossen.

 

Bauablauf reibungslos

Die SWP-Wickelrohr-Baustelle in Neu-Ulm konnte nun eingerichtet werden. Als die Vorbereitung des Baufelds mit der aufwendigen Verkehrssicherung und den Tiefbauarbeiten abgeschlossen war, konnte das Wickeln im Herbst 2017 beginnen. Im Rohr wurden zunächst Ablagerungen beseitigt, Reinigungsarbeiten durchgeführt und Schadstellen, soweit notwendig, vorgearbeitet. Im Anschluss bereitete die Kolonne die Schächte für die Wickelmaschine vor. Das Gerinne wurde großzügig ausgestemmt. Platziert wurde die Maschine für das SWP-Wickelrohr-Verfahren am Ende des Rohrs im Schacht und benötigte entsprechend Luft, um die Segmentbögen wickeln zu können. Beim Wickelvorgang selbst führt das PVC-U-Bandmaterial mit Verschlusssystem in den Korb, wird darin kreisrund gebogen und an den Seiten mit dem Nut-und-Feder-Verschluss verbunden. Durch die rotierende Bewegung der Vorrichtung entsteht das neue Rohr und je volle Umdrehung verlängert es sich um 14 Zentimeter. Die Wicklung einer üblichen Haltung dauerte somit ein bis zwei Stunden.

Zur Fixierung wurden die fertigen Rohrsegmente mit Befüll- und Entlüftungsstutzen eingemauert und der Ringraum lagenweise verdämmt. Ruhe- und Aushärtephasen waren zwischen den einzelnen Arbeitsgängen immer wieder nötig, um das beste Ergebnis erzielen zu können. Selbstverständlich ergaben sich Synergien bei der Bearbeitung von mehreren Haltungen gleichzeitig, sodass die Mannschaft keine Standzeiten hatte. Mit acht Mann Besatzung, doppelter Kolonnenstärke, wurden in etwa 15 Arbeitstagen knapp 120 Kubikmeter Dämmer verbaut.

Abschließendes Fazit der Sanierungsmaßnahme am Sammler in Neu-Ulm: Kaum ein anderes Sanierungsverfahren als das SWP-Wickelrohr hätte unter diesen schwersten Bedingungen zu diesem Sanierungserfolg führen können. Das SWP-Wickelrohr hat erneut bewiesen, dass es durch die Verwendung von werkseitig produzierten PVC-Bändern flexibel und platzsparend einsetzbar ist und material- und einbautechnisch höchsten qualitativen Anforderungen gerecht wird.

 

Geiger Kanaltechnik GmbH & Co. KG

www.geigergruppe.de

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