Ein Schritt näher in Richtung energieautarke Kläranlage

Das Huber CarbonWin - Verfahren

Eine Kläranlage muss neben der Einhaltung der Abwasserablaufwerte auch den Klärschlamm stabilisieren und entsorgen. Durch wachsende Energiekosten wird die anaerobe Schlammbehandlung auch bei kleineren Kläranlagen immer wichtiger.

Bei der ordnungsgemäßen Stabilisierung und Entsorgung von Klärschlamm [1] unterscheidet man grundsätzlich zwischen der gemeinsamen aeroben Schlammstabilisierung, bei der die Stabilisierung des Klärschlamms zeitgleich mit der biologischen Reinigung des Abwassers im Belebungsbecken abläuft und dem anaeroben Stabilisierungsverfahren, bei dem durch Schlammfaulung bei meist mesophiler Temperaturführung (ca. 35 °C) Faulgas (überwiegend Methan und Kohlenstoffdioxid) in Faulbehältern erzeugt und weiterführend über ein Blockheizkraftwerk verstromt wird [1]. Durch die Erhöhung der Energiekosten während der vergangenen Jahre gewinnt die anaerobe Schlammbehandlung auch bei deutlich kleineren Kläranlagen bis zu 10.000 EW immer mehr an Bedeutung. In Deutschland existieren ca. 1.200 Kläranlagen mit einer Ausbaugröße von 10.000 bis 50.000 EW. Ein Drittel davon betreibt mittlerweile bereits eine Schlammfaulung. Damit verbleibt ein Potenzial für eine Umstellung von aerob schlammstabilisierten Verfahren auf ein Verfahren mit anaerober Schlammstabilisierung von ca. 800 Kläranlagen in Deutschland [1].
Für eine wirtschaftliche und energieoptimierte Umstellung von einer aeroben zu einer anaeroben Schlammstabilisierung ist der Einsatz einer Vorklärung meist unumgänglich, wobei diese im konventionellen Sinne bisher über ein traditionelles Vorklärbecken erfolgte. Als platzsparende Alternative zum Vorklärbecken entwickelte die Firma Huber SE das Huber CarbonWin -Verfahren, welches im Kern auf der Nutzung der Feinstsiebung basiert.

Prinzip aerobe Schlammstabilisierung

Bei einer aeroben Schlammstabilisierung wird ein großer Teil der organischen Schlamminhaltsstoffe durch Mikroorganismen im Belebungsbecken abgebaut. Durch ständige Sauerstoffzufuhr (Druckluft) wird ein Teil der Abwasserinhaltsstoffe unter anderem zu anorganischen Stoffen wie CO2, H2O, NO3- umgewandelt. Somit ist das Belebungsbecken der größte Energieverbraucher auf einer Kläranlage [4]. Der verbleibende Teil der Abwasserinhaltsstoffe wird dazu genutzt, Reservestoffe durch Bildung von Zellsubstanz unter Energieverbrauch zu produzieren. Diese Reservestoffe werden bei mangelndem Nährstoffangebot zum Energiestoffwechsel der Mikroorganismen geführt. [1] [2]

Üblicherweise erfolgt die aerobe Schlammstabilisierung gemeinsam mit der biologischen Reinigung in einem gemeinsamen Becken, welche als gemeinsame aerobe Schlammstabilisierung bezeichnet wird.Bei diesem Verfahren entsteht häufig ein Konflikt. Einerseits soll der Klärschlamm möglichst weit stabilisiert werden (geringere Geruchsbelästigung, hoher Energiebedarf durch Belüftung), andererseits muss die Aktivität der Mikroorganismen ausreichend hochgehalten werden, um eine biologische Abwasserbehandlung überhaupt durchführen zu können [1].
Ein Vorteil der gemeinsamen aeroben Schlammstabilisierung ist der relativ einfache Aufbau, welcher aus der Abbildung 1 zu entnehmen ist.

Umstellung auf anaerobe Schlammstabilisierung:

Durch die Umstellung auf eine anaerobe Schlammstabilisierung wird eine Vorklärung benötigt, welche dem Abwasser organisches Material entnimmt bevor das Schmutzwasser in die Belebung fließt. Dieses organische Material wird meistens maschinell eingedickt und als Primärschlamm dem Faulungsprozess zugeführt. [3]. Bei einem anaeroben Schlammstablilisierungsverfahren werden die organischen Inhaltsstoffe des Klärschlamms unter Ausschluss von elementarem Sauerstoff zu Faulgas, Methan und Kohlenstoffdioxid umgewandelt. Dies geschieht meist bei mesophiler Temperaturführung im geschlossenen Behälter [1]. Der große Vorteil der Faulgasbildung liegt in der energetischen Nutzung des Faulgases und in der in hohem Maße einhergehenden Reduzierung der Belüftungsenergie. Durch die Integration eines Vorklärbeckens wird dem Abwasser Schlamm entnommen (Primärschlamm) und mit Überschussschlamm in den Faulungsprozess gebracht [1]. Abbildung 2 zeigt das Prinzip einer anaeroben Schlammstabilisierung auf einer Kläranlage mit Faulungsprozess durch den Faulbehälter.

Funktionsprinzip des Huber CarbonWin - Verfahrens:

Der erste Schritt des Huber CarbonWin - Verfahrens ist eine mechanische Reinigungsstufe z.B. 6 mm Spaltrechen als auch ein Sand- und Fettfang. Das Huber Trommelsieb LIQUID wird nach dem Sandfang anstelle eines Vorklärbeckens installiert und kann einfach in bestehende Systeme integriert werden. Dabei erfolgt die Montage horizontal in ein Gerinne oder einen Behälter; die Durchströmung gestaltet sich von innen nach außen (Abbildung 3). Durch die horizontale Lage der Siebtrommel ist es ein sehr hoher Einstau vor der Maschine und somit eine optimale Nutzung der vorhandenen Filterfläche möglich. Mit steigendem Wasserstand vor der Maschine wird auf dem Maschengewebe eine Siebgutschicht aufgebaut. Durch diese Siebgutschicht und dem damit einhergehenden Tiefenfiltrationseffekt werden Partikel zurückgehalten, welche auch wesentlich kleiner als die nominale Öffnungsweite des Gewebes sind. Wenn der maximale Wasserstand vor dem Huber Trommelsieb Liquid erreicht ist, wird der Siebkorb gereinigt. Das Feinstsiebgut (Primärschlamm) wird in den innenliegenden Trichter abgereinigt und über Freispiegelgefälle in den nachgeschalteten Durchlaufeindicker gefördert.

Das Huber CarbonWin - Verfahren gewährleistet eine Vielzahl an möglichen Varianten zur Gewinnung und Aufbereitung von Primärschlamm (Abbildung 4). Eine sehr wirtschaftliche Variante stellt eine nachfolgende Eindickung des durch das Trommelsieb Liquid erzeugten Primärschlammes mittels eines statischen Durchlaufeindickers dar. Je nach geforderter Qualität des Primärschlammes besteht die Möglichkeit, den Schlamm direkt aus dem Durchlaufeindicker in den Faulbehälter zu pumpen oder diesen über eine zusätzliche maschinelle Eindickung noch weiter einzudicken.
Ein Homogenisieren des Primärschlammes mit dem anfallenden Rücklaufschlamm und anschließender maschineller Eindickung stellt ebenso einen effektiven Weg zur Behandlung von Primärschlamm dar.

Ergebnisse aus 3-Jahren großtechnischem Betrieb mit Huber Trommelsieb Liquid

In Tabelle 1 sind die im großtechnischen Maßstab untersuchten Kläranlagen (2015-2017) und deren Ergebnisse hinsichtlich abfiltrierbarer Stoffe und CSB Reduktionsraten dargestellt. Im Rahmen des Forschungsprojekts E-Klär (BMBF FKZ 02WER1319F) „Steigerung der Gasausbeute durch Feststoffein-
trag“ konnten die Ergebnisse weitestgehend bestätigt werden.

Auf den Kläranlagen bis 15.000 EW wurde im Trockenwetterbetrieb der gesamte Zufluss zur Kläranlage über das Trommelsieb Liquid behandelt. Bei größeren Anlagen konnte eine maximale konstante Durchsatzleistung von bis zu 60 l/s bewerkstelligt werden. Im Mittelwert sind Abscheideleistungen von über 70% für abfiltrierbare Stoffe (AFS) und über 40% für CSB erreicht worden. Die Reduktionsraten konnten ohne Zugabe von chemischen Hilfsstoffen erzielt werden. Ein traditionelles Vorklärbecken mit einer Aufenthaltszeit von 0,5 bis 1 Stunden erreicht Reduktionsleistungen von 25% für CSB und 50 % für abfiltrierbare Stoffe. Um derartige CSB-Reduktionsraten erreichen zu können, ist ein wesentlicher Einflussfaktor der Anteil an partikulärem CSB. Prinzipiell gilt, je höher der Anteil an partikulärem CSB, desto höher fällt die Reduzierung des CSBgesamt aus. Der partikuläre Anteil des CSB liegt ca. bei 75-80%. Wie die Ergebnisse der Kläranlage Nr. 6 zeigen, ist es mit dem Huber Trommelsieb Liquid möglich, auch bei einem CSB-Verhältnis von 50% CSBgelöst zu 50% CSBungelöst Reduktionsleistungen zu erreichen, welche die einer Vorklärung übersteigen.

Zusammenfassung

Zu den Vorteilen des Huber CarbonWin - Verfahrens gehören der geringere Platzbedarf und die geringen Investitionskosten. Durch die anaerobe Schlammstabilisierung (Schlammfaulung) wird zusätzlich Energie erzeugt und das Schlammvolumen reduziert. Insbesondere zur Ertüchtigung von kleineren Kläranlagen ohne Vorklärung sollte das Huber Carbon-Win- Verfahren in Betracht gezogen werden. Durch die hohe CSB/BSB-Entnahmeleistung wird die nachgeschaltete biologische Behandlung entlastet und die Reinigungskapazität der Kläranlage erhöht. Die Feinstsiebung mit sehr feinen Maschenweiten kann beispielsweise die BSB5-Fracht um über 40 % reduzieren, wodurch sich auch die BSB5-Raumbelastung um über 40 % verringert und die Reinigungsleistung für BSB5 und CSB gesteigert wird. Wird das Huber CarbonWin - Verfahren bei der Neuplanung von Kläranlagen berücksichtigt, so kann bei Umstellung auf anaerob von 11,6 Tagen (Berechnung ATV A-131) Schlammalter im Vergleich zu aerob und 25 Tagen Schlammalter bei z.B. einer 15.000 EW Anlage das Belebungsgecken um ca. 70 % kleiner dimensioniert werden. Es vermindert sich somit der Schlammanfall um 30 %. Zudem reduziert sich die organische Fracht. Dies hat eine verbesserte Entwässerbarkeit möglich zur Folge; dadurch ergeben sich zusammen mit dem geringeren Anfall an Schlamm niedrigere Entsorgungskosten. Durch das Huber CarbonWin - Verfahren gelingt es, die Kläranlagen der Zukunft näher in Richtung energieautarke Kläranlage zu optimieren.

Vorteile des Huber CarbonWin - Verfahrens:
– Sehr hohe Abscheideeffektivität über den

bisherigen Stand der Technik hinaus
– Nur 10% Platzbedarf gegenüber konventio nellen Vorklärbecken
– Maximale Energieeinsparung durch Reduktion

des Sauerstoffeintrags in das Belebungs-

becken
– Sehr geringe Invest- und Betriebskosten
– In bestehende Anlagen während des laufenden
Betriebes integrierbar
– Sehr kurze Bauzeit
– Komplettlösung und Kompetenz aus einer

Hand

Literatur

[1] Reifenstuhl, Reinhard u. a. DWA-Themen: Schlammfaulung oder

gemeinsame aerobe Stabilisierung bei Kläranlagen kleiner und

mittlerer Größe, DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft,

Abwasser und Abfall e.V., Hennef, 2014.
[2] BISCHOF, Fredy u. a.:ATV-Handbuch: Klärschlamm, Hennef, 1996.
[3] CHRIST, Oliver u. a.: Klärschlammstabilisierung bei kleinen Anlagen,

Triestdorf.
[4] http://www.rmu.de/files/rmu/bilder_topthemen/homepage_top2_

energieeffizienz.jpg,  KKKKKZugriff:30.11.2015.

x

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