SCHONENDE PFLASTERVERLEGUNG

Edles Pflaster in Den Haag

Die Neugestaltung der Den Haager
Einkaufsstraße „Grote Marktstraat“ mit
geschliffenen und gestrahlten Platten erforderte eine besonders schonende Behandlung.

Gemeint ist eine der meist frequentierten Fußgängerzonen Europas. Laut Haager Stadtverwaltung ziehen jedes Jahr rund 7 Millionen Passanten über das Pflaster. An diese Zahlen reichen selbst Deutschlands bestbesuchte Fußgängerzonen wie etwa die Schildergasse in Köln nicht heran.In der Vergangenheit haderten die Haager jedoch mit dem Erscheinungsbild des Straßenzugs, der in den 1920er Jahren als Verkehrskorridor zwischen den südöstlichen mit den nordwestlichen Stadtteilen projektiert wurde und ab den 1960ern durch gesichtslose Kaufhäuser zunehmend verblasste. Inzwischen wird der gesamte Innenstadtbereich sukzessive aufgewertet. Dabei geht es um Aufenthaltsqualität und Wettbewerbsfähigkeit, und gewiss auch um das Prestige der Großstadt als Parlaments- und Regierungssitz und Königsresidenz. In diesem Kontext bildet die Grote Marktstraat ein Schlüsselprojekt. Das erklärte Ziel der Haager ist es, die vernachlässigte Fußgängerzone in einen Stadt-Boulevard von internationaler Klasse zu verwandeln. Gelingen soll die Metamorphose mit raffiniert designten Pflasterbelägen, Stadtmöbeln und Stadtleuchten. Unterdessen ist die Verwandlung in vollem Gang.

Herausforderung angenommen

Nach der Fertigstellung vier neuer Geschäftshäuser spielt sich das Geschehen auf der Verkehrsfläche ab. Seit Monaten verlegt die örtliche Tiefbaufirma HABO GWW außergewöhnliche Pflasterplatten vom Typ Scada aus dem XXL-Programm des Betonwarenherstellers Klostermann in Coesfeld. Die Haager Pflasterverleger sind im Land bekannt für Top-Arbeiten, diese Bauaufgabe stellte sie vor besondere Herausforderungen: Da sind zum einen die für die niederländische Pflaster-Landschaft unüblichen Großformate mit Kantenlängen bis zu 100 x 50 cm. Die Elemente sind zudem mit 16 cm Dicke enorm belastbar dimensioniert worden – aufgrund des schweren Lieferverkehrs haben die Hersteller die Messlatte bei der Belastungsklasse Bk3,2 angelegt. Zum anderen verwenden die Verleger neuartige reversierbare Vibrationsplatten von Bomag, die Stonegard Pflasterplatte. Dank dieser Rütteltechnik wird die Effizienz und Qualität der Bauausführung deutlich gesteigert.

Königlicher Stadtboden

Der eigentliche Clou steckt in dem exklusiven Oberflächendesign der neuen Scada-Plattierung. Inspiriert durch historische Gebäude und königliche Ballkleider legte Architektin Lana du Croq vom Planungsbüro ELV in Rijswijk ein feingliedriges Ornament über die gut 450 Meter lange Verkehrsfläche. Der edle, gut vier Meter breite Steinteppich wird in der Mitte der Fußgängerzone „ausgerollt“ und beidseitig durch landestypisches Riemchenpflaster mit Klinker eingefasst.

Die Umsetzung der Leitidee im Detail gelingt mithilfe von 21 Schablonen und durch die minutiöse Bearbeitung jeder einzelnen Pflasterplatte. Zunächst werden die Elemente sorgfältig geschliffen und teilweise mit Edelstahlkugeln gestrahlt. Dann erhält jedes Segment das filigrane, hell abgesetzte Lochmuster durch das Einstrahlen des Motivs. Für diesen kniffligen Arbeitsgang musste die Technik erst feinjustiert werden. Das attraktive Gesamtbild fügt sich im Zuge der Verlegung mit Vakuum-Hebetechnik nach definiertem Einbauplan.

Heute schon ablesbar ist, dass die geplante Verkehrsführung für Radfahrer inmitten des bevölkerten Straßenraums nahezu reibungslos funktioniert. Der Fietspad verläuft seitlich sowie etwas tiefer und weist eine differenzierte Gestaltung auf, indem kleinere Steinformate mit individuellem Lochmuster verwendet werden. Schmale Schlitzrinnen betten sich elegant ein.

Für den sauberen Anschluss der unterschiedlichen Beläge, die sämtlich im bräunlichen Farbton Mangan harmonieren, hat Klostermann eigens Übergangssteine entwickelt. Dabei können die Verleger alle Materialien auf einer Bettungshöhe einbauen.

Abrütteln im Schongang

Für das Einrütteln der wertvollen Betonwerksteine kommt die innovative Bomag-Technik für großformatige Steine und Platten wie gerufen. Die Verdichtungsspezialisten bringen vor Ort die Stonegard Pflasterplatte zum Einsatz. Das Kennzeichen der Produktneuheit ist ein verschleißfestes Kunststoffelement, das kraftschlüssig und schlupffrei unter der Grundplatte befestigt ist und rundum bis zum Boden reicht.

Die Maschine liegt vollflächig auf, dabei erzeugt der kompakte Materialverbund eine gleichmäßigere Energieverteilung und bessere Einwirktiefe bei größerer Reichweite. Vor allem Kantenbrüche und Abplatzungen werden so verhindert.

Die Anwender sind überzeugt: „Die Spezialplatte liefert das gewünschte Ergebnis: eine gute und ebene Fläche ohne jegliche Beschädigung. Durch die Form der Platte können wir bis an Hauswände und Einbauten heranfahren und auch dort vernünftig verdichten. Das kleine Klinkerpflaster lässt sich ebenfalls sehr gut einrütteln“, bilanziert Projektleiter Johan Tiemersma vor dem Abschluss der zweiten von insgesamt drei Bauphasen. Seine Firma gehört übrigens der namhaften BAM-Gruppe an.

Stabilität ist Trumpf

Zum Auftakt der Maßnahme im März 2014 haben seine  Bautrupps den Oberbau samt Alt-Pflaster abgetragen. Der vorhandene Unterbau wurde wegen nicht ausreichender Tragfähigkeit ebenso ausgetauscht.

Die jetzige Konstruktion, wieder eine ungebundene Bauweise, orientiert sich primär an den hohen Verkehrsbelastungen. Besondere Maßnahmen erforderten die Streckenabschnitte über der U-Bahn und Tiefgarage hinsichtlich der Abdichtung gegen Sickerwasser, das nun seitlich abgeführt wird. Für die Oberflächenentwässerung wird die Verkehrsfläche im Wesentlichen mit Querneigung ausgebildet, ein Gewölbeprofil ist nur in Teilbereichen notwendig.

Der Unterbau besteht aus sogenanntem Dränsand, der in den Niederlanden vielfach im Pflasterbau verwendet wird. Die 30 cm dicke, frostsichere Schicht wird mit ca. 100 MPa. verdichtet. Aufgrund der gebotenen Durchlässigkeit weist das Material einen geringen Feinkornanteil von < 3 % auf. Für die Tragschicht kommt ein Grauwacke-Gemisch 0/45 in 30 cm Dicke mit einem Verdichtungsgrad von 180 MPa zur Ausführung.

Bei dem Bettungs- und Fugenmaterial handelt es sich um ein Splittgemisch 0/5, die  Bettungsdicke beträgt 3 bis 5 cm. Nach dem Abrütteln werden die Fugen erneut verfüllt. Den Fugenschluss nehmen die Verleger mit Splitt 0/2 vor.

Krönungsfeier im Lichtermeer

Zu den elementaren Bestandteilen des Umbaus zählen  effektvolle Stadtmöbel und Stadtleuchten im Duktus der Gestaltungsidee. So korrespondiert das Design der stählernen Sitzbänke mit dem Scada-Belag. Und auch die Zäune an den U-Bahn-Eingängen und selbst Abfallbehälter werden mit dem originellen Lochmuster verziert.

Gleichsam zur Krönung der innerstädtischen Maßnahme schalten die Haager voraussichtlich im Frühjahr 2015 ihre drei gewaltigen Kronleuchter mit unzähligen Lichtquellen ein. Spätestens dann rückt die Grote Marktstraat in das beste Licht.⇥■

www.bomag.com

www.habogww.com

www.klostermann-beton.de

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