Das neue
Bauvertragsrecht

Der Beschluss des neuen Bauvertragsrechts steht unmittelbar bevor. Die geplanten Gesetzesänderungen werden wesentliche

Auswirkungen auf sämtliche Bauvorhaben in Deutschland haben.

Am 10. Juni 2016 erfolgte die erste Lesung des Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung im Deutschen Bundestag. Die Verabschiedung des Gesetzesentwurfs wird für den Herbst 2016 erwartet. Die geplanten Änderungen werden voraussichtlich ab dem Frühjahr 2017 auf alle geschlossenen Verträge An­wen­dung finden. Die vorgesehenen Regelungen erfassen mit Aus­nahme des speziellen Verbraucherbauvertrages sämtliche Bau­vor­haben in Deutschland. Vom Gesetzesentwurf betroffen sind daher neben Bauunternehmern, Architekten und Ingenieu­ren auch Verbraucher sowie gewerbliche und öffentliche Auftrag­geber.

Vier neue Vertragstypen

Derzeit bedarf es bei Bauvorhaben umfangreiche Vertragstexte, oftmals unter Einbeziehung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B (VOB/B), denn das Bauvertragsrecht wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) bislang nur am Rande behandelt. Das neue Bauvertragsrecht umfasst vier zusätzliche Vertragstypen, die in §§ 650a bis 650u alle in das BGB aufgenommen werden sollen: Der Bauvertrag, der Architekten- und Ingenieurvertrag, der Bauträgervertrag sowie der spezielle Verbraucherbauvertrag.

Anordnungsrecht des Auftraggebers

Die wesentliche Neuerung des Gesetzentwurfs ist das Anord­nungs­recht des Auftraggebers von Bauverträgen, Verbraucher­bau­verträgen sowie Architekten- und Ingenieurverträgen. Bei feh­lender vertraglicher Vereinbarung sind Änderungsanordnun­gen des Auftraggebers nach derzeitiger Gesetzeslage jeweils nur in Ausnahmefällen aus Treu und Glauben möglich. Der Auftraggeber soll nun erforderliche Änderungen des Leistungsumfangs einseitig anordnen können. Das gesetzliche Anordnungsrecht des Auftraggebers soll zukünftig aber auch nicht erforderliche Änderungen umfassen, soweit dies für den Bauunternehmer bzw. Architekten oder Ingenieur zumutbar ist.

Vergütung der Änderungsanordnung

Sollten sich die Parteien über die preislichen Auswirkungen einer Änderungsanordnung nicht einigen können, sollen Bauunternehmer, Architekten und Ingenieure zukünftig die tatsächlich erforderlichen bzw. eingesparten Kosten für die Leistungsänderung abrechnen können. Bauunternehmer, Architekten und Ingenieure können sich aber alternativ auch auf die Vermutung einer vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkalkulation als maßgeblichen Kostenansatz berufen. Ihnen steht somit bei jeder Änderungsanordnung das Wahlrecht zwischen den tatsächlichen preislichen Auswirkungen und den hypothetischen preislichen Auswirkungen anhand der vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkalkulation zu. Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) genießt in ihrem Anwendungsbereich allerdings Vorrang vor dem neuen Bauvertragsrecht. Die dortigen Entgeltberechnungsregelungen sind weiterhin maßgebend.

Die Vergütung des Bauunternehmers soll zukünftig erst dann fällig werden, wenn neben der Abnahme eine prüfbare Schlussrechnung vorgelegt wurde. Einwendungen gegen die Prüffähigkeit der Schlussrechnung sollen nach dem Gesetzesentwurf zudem binnen 30 Tagen erhoben werden müssen, um die Fälligkeit der Schlussrechnung hindern zu können.

Gemeinsame Feststellung des Leistungsstandes

Nach einer verweigerten Abnahme sollen zukünftig beide Parteien eine gemeinsame Feststellung des Leistungsstandes verlangen können, in der offenkundige Mängel gerügt werden müssen. Der Gesetzesentwurf zwingt den Auftraggeber außerdem seine Abnahmeverweigerung zu begründen. Anderenfalls gilt die Abnahme nach dem Ablauf einer vom Bauunternehmer bzw. Architekt oder Ingenieur gesetzten Frist als erfolgt. Diese Abnahmeregelung soll im allgemeinen Werkvertragsrecht verortet werden. Sie hat somit über den Bauvertrag hinaus Auswirkung auf alle Werkverträge des BGB.

Verbraucherbauvertrag

Für Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmern über den Bau eines Gebäudes oder ehebliche Umbaumaßnahmen an einem Gebäude sieht der Gesetzesentwurf weitestgehend zwingende Sonderreglungen zugunsten der Verbraucher mit erhöhten Belehrungspflichten der Unternehmen vor. Insbesondere sollen Verbraucherbauverträge vom Verbraucher binnen 14 Tagen nach Vertragsschluss wiederrufen werden können. Bei fehlender oder fehlerhafter Belehrung des Verbrauchers durch den Bauunternehmer soll der Widerruf noch bis zu ein Jahr und 14 Tage nach Vertragsschluss ausgeübt werden können. Verbraucherbauverträge müssen nach dem Regierungsentwurf zudem verbindliche Angaben zum Zeitpunkt oder Zeitraum der Fertigstellung beinhalten.

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