Bodenmechanische Untersuchungen an Mischungen von Sand mit Gummigranulat aus geschredderten Altreifen

Verdichtungsverhalten und Wasserdurchlässigkeit untersucht

Ein natürlich anstehender Sand wurde mit Gummigranulat, das dem Reifenrecycling von LKW-Altreifen entstammt, vermischt. Der Gummianteil variierte zwischen 0 und 16 Gew.-%. Im Rahmen einer Vorstudie wurden das Verdichtungsverhalten, die Wasserdurchlässigkeit, die Zusammendrückbarkeit und die Scherfestigkeit solcher Mischungen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die Trockendichte des Verbundstoffes infolge des niedrigeren Gewichts der Gummiteile geringer als die des reinen Sandes ist. Mit zunehmendem Gummianteil nimmt der Elastizitätsmodul der Mischproben ab. Bezüglich des Scherverhaltens wurde festgestellt, dass mit steigendem Gummianteil die Kohäsion zunimmt und der Reibungswinkel abnimmt.

In Deutschland fallen pro Jahr etwa 600 000 t Altreifen an. EU-weit lag das Aufkommen bei etwa 3,2 Mio. t für das Jahr 2006. Seit dem Jahre 2003 ist die Deponierung von gebrauchten Reifen in der Bundesrepublik aufgrund einer EU-Richtlinie gesetzlich untersagt. Von diesen Gesamtmengen werden in Deutschland etwa 54% in Form von Verbrennung zu Energiezwecken energetisch verwertet, ca. 23% gelangen als Recyclinggut in den Kreislauf zurück. Bei einem geringen Anteil von ca. 10% wird die Lauffläche des Altreifens abgeschält, eine neue Gummischicht aufvulkanisiert und anschließend als runderneuerte Reifen dem Markt wieder zugeführt. Die verbleibenden Anteile gelangen vorwiegend in den Export oder finden sonstige, meist unbekannte Verwendung. Im EU-weiten Vergleich ist der Anteil runderneuerter Reifen mit etwa 12% nahezu gleich, energetisch verwertet werden allerdings lediglich ca. 32%, der stofflichen Verwertung (Recycling) werden etwa 34% zugeführt. Hierzulande wurden Altreifen in Form von Gummigranulaten bereits erfolgreich als Recyclingbaustoff auf Sportfeldern und Golfplätzen oder auch als Zugabestoff im Straßenbau bei der Verwendung von sog. Flüsterasphalt eingesetzt.

Wenig bis keine Verwendung finden Altreifen bislang in dem potentiellen Anwendungsgebiet der Baugrundverbesserung. Es existieren bereits Ansätze, Mischungen aus Böden und geschredderten Altreifen (engl. tyre chips) einzusetzen, um gezielt und anwendungsbezogen bodenmechanische Eigenschaften vorliegender Böden zu verbessern, Shakoor et al. (1998), Humphrey (1999), Zornberg et al. (2004), Becker (2008), Edeskär (2006), Towhata (2008). Als Verfüllmaterialien, Sicherungselemente im Küstenbereich oder auch zur Bodenstabilisierung werden Altreifen in Form von verschnürten Paketen (engl. tyre bales) vorwiegend im Vereinigten Königsreich und in den USA bereits seit einigen Jahren eingesetzt, Winter et al. (2006), Zornberg et al. (2004).
Im Rahmen einer Pilotstudie wurden unterschiedliche bodenmechanische Parameter einer Mischung aus Sand und einem typischen Gummigranulat ermittelt. Im Vordergrund standen Aussagen zu Verdichtungsfähigkeit, Zusammendrückbarkeit, Wasserdurchlässigkeit und Scherfestigkeit. Nachfolgend werden die Ergebnisse zusammengestellt und hinsichtlich der Anwendung im Erdbau beurteilt.

Verwendete Materialien

Als Versuchsboden wurde ein Sand aus der Region um Kaiserslautern gewählt. Es handelt sich um einen natürlich anstehenden, schwach bindigen Mittelsand mit folgenden Kornverteilungsparametern: Korndurchmesser bei 10% bzw. 50% Siebdurchgang d10 = 0,05 mm, d50 = 0,2 mm, Ungleichförmigkeitszahl U = 5,2, Krümmungszahl Cc = 1,7. Die Korndichtebestimmung ergab rs = 2,65 Mg/m3.
Das Granulat entstammt dem Recyclingprozess an LKW-Reifen. Nach Entfernen der Fremdanteile, Textilien sowie Stahl, wurde das reine Granulat in verschiedene Korngrößenklassen aufgeteilt. Für die Untersuchung wurde Material mit einem Korngrößenspektrum zwischen 1 bis 4 mm eingesetzt. Die Kornverteilungsparameter lauten: d50 = 2,5 mm, U = 1,9. Für die Korndichte des Gummigranulats wurde einmal mit dem Kapillarpyknometer nach DIN 18124 der Wert rs = 1,13 Mg/m3 und zum anderen nach der Technischen Prüfvorschrift für Boden und Fels im Straßenbau TP BF-StB Teil B 3.3 mit dem Luftpyknometer ein Wert von 1,10 bestimmt. Als Rechenwert wird rs = 1,13 Mg/m3 angesetzt.
Die Gummianteile in der Mischung variierte zwischen 0 (reiner Sand) und 16 Gew.-%.

Laborversuche

Das Gummigranulat wurde mit dem trockenen Sandboden in Prozentsätzen von 2, 8 und 16 Gew.-% angemischt. Durch die Zugabe von Wasser wurde der jeweils angestrebte Feuchtigkeitsgehalt der Mischungen erreicht. Zur Homogenisierung erfolgte die Herstellung in einem Mischer. Zur Überprüfung der Homogenität wurde folgendes Verfahren angewandt: Nach Herstellung der Mischproben wurden diese gefroren und anschließend in Quer- und Längsrichtung aufgeschnitten und die Schnittflächen fotografisch aufgenommen. Mit Hilfe der speziellen Auswertungssoftware Image-C wurden die entsprechenden Anteile von schwarzen Flächen (Gummi) und weißen Flächen (Sand, Wasser, Luft) gemessen.
Die Untersuchungen zum Verdichtungsverhalten wurden nach DIN 18127 (Proctorversuch) durchgeführt. Der Wassergehalt w der einzelnen Mischungen variierte dabei zwischen 7% und 24%. Es wurden Probenkörper mit Durchmesser d = 10 cm und Höhe h = 15 cm hergestellt. Die Abbildung 1 zeigt eine Mischprobe mit 8% Gummianteil sowie den zugehörigen Probekörper. Zur Beurteilung der Tragfähigkeit des Mischbodens wurden CBR-Versuche durchgeführt. Versuchsdurchführung und Auswertung folgten den Angaben der Technischen Prüfvorschrift für Boden und Fels im Straßenbau TP BF-StB Teil B 7.1. Das Drucksetzungsverhalten der Proben wurde im eindimensionalen Kompressionsversuch nach DIN 18135 untersucht. Die 2 cm hohen Proben wurden bei annähernd optimalem Wassergehalt von 12,5% (Proctordichte) eingebaut, anschließend stufenweise bis 100 kPa belastet, dann bis 25 kPa entlastet und schließlich bis 200 kPa belastet.
Die Ermittlung des Durchlässigkeitskoeffizienten kf erfolgte nach DIN 18130. Unter einem konstanten Seitendruck von 100 kPa wurden die Probekörper bei einem konstanten hydraulischen Gradienten i = 30 mit destilliertem Wasser durchströmt.
Die Scherfestigkeit der Proben wurde im Triaxialversuch nach DIN 18137 ermittelt. Die Proben mit 10 cm Durchmesser wurden mit der jeweiligen Proctordichte rPr der Mischung eingebaut. Nach einer Konsolidierungszeit von 2 Stunden wurden die Proben mit einer Vorschubgeschwindigkeit von 0,06 mm/min unter drainierten Bedingungen abgeschert.

Ergebnisse und Diskussion
Verdichtungsverhalten

Die Ergebnisse der Proctorversuche sind grafisch dargestellt. Die Proctordichte rPr  nimmt mit zunehmendem Gummianteil ab. Der zugehörige Wassergehalt wPr bleibt nahezu unbeeinflusst. Das im Vergleich zu reinem Sand unterschiedliche Verhalten ist einerseits auf die geringere Dichte des Gummis und andererseits auf die Beeinflussung des Energieeintrags durch die Elastizität des Gummis zurückzuführen.

Relative Tragfähigkeit

Die Ergebnisse der CBR-Versuche sind grafisch dargestellt. Bis zu einer Eindringtiefe von ca. 2,5 mm wurde kein Einfluss des Gummianteils auf den Stempeldruck festgestellt. Mit zunehmender Eindringung nimmt der aufnehmbare Stempeldruck mit steigendem Gummianteil deutlich ab. Bei der Eindringtiefe von 10 mm betrug die aufnehmbare Stempelkraft bei der 16%-Mischung ca. 30% des Wertes für den Referenz-Sandboden.

Wasserdurchlässigkeit

Bei der Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit konnte kein nennenswerter Einfluss des Gummianteils auf den kf-Wert festgestellt werden. Es ergab sich für kf ein schmaler Wertebereich zwischen 5·10-8 und 1,5·10-7 m/s.

Kompressionsverhalten

Die Grafik auf Seite 28 zeigt die Drucksetzungslinien verschiedener Proben. Der Einfluss des Gummianteils auf das Kompressionsverhalten wird erst bei der 16%-Probe deutlich. Proben mit geringerem Gummianteil weisen -verglichen mit der Sandprobe- nahezu keine Änderung im Kompressionsverhalten auf.
Als repräsentativ für die Zusammen- drückung wird der Steifemodul ES im Spannungsbereich 50…100 kPa gewählt. Die Variation mit dem Gummianteil zeigt die Abbildung 6. Der zugehörige Wert für den Sand wird mit ES0 bezeichnet. Bezogen auf ES0 ist der Wert der 16%-Probe um ca. 50% geringer.

Scherfestigkeit

Die ermittelten Scherparameter aus den Triaxialversuchen sind in der Tabelle 1 dargestellt. Tendenziell ergibt sich mit zunehmendem Gummianteil eine Zunahme der Kohäsion c und eine Verringerung des Reibungswinkels j.

Schlussfolgerungen

Es zeigte sich, dass die in der Bodenmechanik gängigen Versuche bei den untersuchten Verbunderstoffen anwendbar sind und plausible Ergebnisse liefern. Die Beimischung von Gummi führt –neben der Reduktion der Dichte- zu keiner Beeinträchtigung der Verdichtbarkeit. Erwartungsgemäß nimmt die Steifigkeit ab. Hinsichtlich der Scherfestigkeit ergibt die Zugabe von Gummi eine nicht zu vernachlässigende Kohäsion bei gleichzeitiger Abnahme des Reibungswinkels.n

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