Mercedes-Benz Trucks

Allrad auf Knopfdruck

LKWs, die nur gelegentlich Strecken mit anspruchsvollem
Terrain bewältigen müssen, brauchen keinen permanenten
Allradantrieb – aber eine leistungsfähige Anfahrtshilfe

Es gibt Baufahrzeuge, die in ihrem Arbeitsleben die Straße kaum einmal verlassen. Andere wühlen sich tagein, tagaus durch schweres Gelände. Für beide Spezialisten ist die Frage des Antriebs schnell entschieden. Zwischen Onroad und Offroad aber gibt es eine dritte, besonders gängige Variante: Baufahrzeuge, die gelegentlich ins Gelände fahren, oder die bei ihren Einsätzen zwischendurch immer wieder eine Strecke mit anspruchsvollem Terrain oder steile Rampen bewältigen müssen und deshalb eine Anfahrhilfe benötigen.

Es handelt es sich um Solofahrzeuge mit Kippaufbauten, Abroll- und Absetzkipper, Motorwagen mit Anhänger, Sattelzugmaschinen mit Kippsattel und Schubboden­aufliegern sowie Zugmaschinen mit Tiefladern für schwere Baumaschinen oder um Baufahrzeuge in schneereichen Regionen. Für alle diese Einsätze von Alleskönnern ist der Mercedes-Benz Arocs HAD das maßge­schneiderte Fahrzeug.

Hydraulic Auxiliary Drive: Anfahrhilfe auf Knopfdruck

Das Kürzel HAD steht für Hydraulic Auxiliary Drive, für einen hydraulischen Zusatz­antrieb als Anfahrhilfe. Er wird bedarfsweise eingesetzt und unterscheidet sich technisch erheblich von einem klassischen mechanischen Allradantrieb mit Ver­teilergetriebe, Kardanwelle und einem Differenzial sowie Antriebswellen an einer permanent oder bedarfsweise angetriebenen Vorderachse.

Die bekannten Vorzüge des hydraulischen Antriebs sind das vergleichsweise geringe Mehrgewicht, Verbrauchs- und Emissionsvorteile und große Vielseitigkeit bei der Fahrzeug­konfiguration. Im Fall von Mercedes-Benz kommen Wartungsfreiheit, ein geringer Verbrauch bei aktiviertem hydrostatischem Antrieb sowie vor allem die Kombi­nation mit dem Getriebe Mercedes PowerShift 3 hinzu.

Beim Hydraulic Auxiliary Drive von Mercedes-Benz handelt es sich um eine Eigenentwicklung unter Verwendung von Komponenten von Poclain, einem weltweit führenden Hersteller von hydraulischen Antriebssystemen. Die entsprechenden Komponenten wurden angepasst und in das Gesamtfahrzeug integriert. Insbesondere die entscheidende Steuerungstechnik stammt von Mercedes-Benz.

Einfache Bedienung: ein Tastendruck genügt

Die Bedienung des Hydraulic Auxiliary Drive ist für den Fahrer denkbar einfach: Ein Tastendruck im Cockpit genügt, schon wird der Zusatzantrieb aktiv. Dies kann noch während der Fahrt auf der Straße vor der Einfahrt in die Baustelle geschehen oder jederzeit im Gelände. Auf diese Weise meistert der Fahrer mit dem Arocs HAD auch unvorhergesehene Situationen.

Die Handhabung des Antriebs ist außerordentlich flexibel: So kann der Fahrer unabhängig von der Aktivierung des Hydraulic Auxiliary Drive Differenzialsperren einschalten. Auf diese Weise ist es möglich, situativ auch allein mit gesperrtem Hinterachs-Differenzial und ohne zusätzlichen Vorderradantrieb zu fahren.

Zahlreiche Varianten mit zwei und drei Achsen

Angeboten wird der Hydraulic Auxiliary Drive für den Mercedes-Benz Arocs in einer Vielzahl von Varianten. Das betrifft zunächst die Achskonfigurationen 4x2, 6x2 mit Nachlauf­achse und 6x4, jeweils ausgestattet mit luftgefederten Hinterachsen.

Zur Verfügung stehen zwei Motoren in jeweils vier dicht gestaffelten Leistungs­stufen: Mercedes-Benz OM 470 mit 10,7 Liter Hubraum von 240 kW (326 PS) bis 315 kW (428 PS) sowie der OM 471 mit 12,8 Liter Hubraum und Leistungen von 310 kW (421 PS) bis 375 kW (510 PS). Die Kraftübertragung übernehmen durch­weg vollautomatisierte Getriebe Mercedes Power-Shift 3 mit zwölf und 16 Gängen.

Fahren leicht gemacht: Kraftübertragung per Mercedes PowerShift 3

Der Trend zu automatisierten Getrieben hat längst auch den Bauverkehr erreicht: Mehr als 90 Prozent der Baufahrzeuge von Mercedes-Benz sind mit dem vollauto­matisierten Getriebe Mercedes PowerShift 3 ausgestattet. Es gehört bei der aktu­ellen Fahrzeuggeneration zur Serienausstattung.

Zu den großen Vorzügen des Hydraulic Auxiliary Drive von Mercedes-Benz gehört deshalb, dass der Zusatzantrieb im Unterschied zu ähnlichen Systemen grund­sätzlich mit dem vollautomatisierten Getriebe Mercedes PowerShift 3 gekoppelt ist. Das schont speziell im Offroad-Einsatz die Antriebsaggregate vom Motor über die Kupplung sowie das Getriebe bis zu den Antriebsachsen. Außerdem findet der Fahrer sein gewohntes Bedienkonzept vor und kann sich voll auf die Aufgabe kon­zentrieren, seinen Lkw zielgenau durch unwegsames Gelände zu steuern.

Ebenso erleichtert HAD verschleißfreies Bremsen: Da die Pumpe des Hydraulik­systems über den Motor-Nebenabtrieb angetrieben wird, können Fahrzeuge mit HAD auf Wunsch mit dem gleichermaßen leistungsstarken wie leichten Sekundär-Wasserretarder ausgestattet werden.

Das große Plus ist der drehmomentgesteuerte Antrieb

Im Unterschied zu vergleichbaren Systemen ist der Hydraulic Auxiliary Drive dreh­momentgesteuert. Er stellt immer genau das benötigte Moment zur Verfügung, die entsprechende Anforderung wird über den Druck des Gaspedals gesteuert. Ebenso spektakulär wie nutzlos durchdrehende Räder gehören damit der Ver­gangenheit an. Darüber hinaus greift HAD unmittelbar ein, abhängig vom eventuellen Schlupf der Hinterräder. Außerdem wird der Druck im System beim Anfahren automatisch angehoben. Dies sichert das notwendige Losreißmoment in schwerem Gelände oder an Steigungen.

Der Zusatzantrieb ist bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h verfügbar. Bei höheren Geschwindigkeiten ist keine Anfahr- und Traktionsunterstützung not­wendig, deshalb wird der eingeschaltete Hydraulic Auxiliary Drive dann passiv. Sinkt die Geschwindigkeit wieder unter 25 km/h, greift HAD automatisch erneut ein und sichert den Vortrieb. Diese Strategie entlastet den Fahrer ebenfalls. HAD ist außerdem bei Rückwärtsfahrt in den Gängen eins und zwei aktiviert.

Volle Zugkraft auch während des Schaltvorgangs

Um maximale Traktion zu gewährleisten, werden bei aktiviertem HAD durchweg alle Gänge einzeln geschaltet und keine Gänge übersprungen. Während der Schalt­vorgänge wird ein weiteres Plus von HAD deutlich: Der Antrieb von HAD über den Motornebenabtrieb verhindert einen Zugkraftverlust während des Schaltvorgangs, an der Vorderachse steht stets die volle Zugkraft zur Verfügung.

Überschreitet der Lkw eine Geschwindigkeit von 60 km/h, wird HAD automatisch komplett deaktiviert. Dies schont die Aggregate und minimiert Kraftstoffverbrauch und Emissionen. Ebenso wird der Zusatzantrieb nach Ausschalten der Zündung auto­matisch abgeschaltet. Damit ist sichergestellt, dass der Lkw nicht unnötig am nächsten Tag mit aktiviertem HAD gestartet wird.

Über das Zentraldisplay in der Armaturentafel ist der Fahrer jederzeit über den aktuellen Zustand des Vorderradantriebs informiert: Leuchtet die entsprechende Anzeige in Weiß, ist des Hydraulic Auxiliary Drive aktiviert, es wird derzeit jedoch kein Antriebsmoment abgefordert. Leuchtet die Anzeige dagegen blau, ist HAD aktiviert und unterstützt den Vortrieb. Weiterhin wird über eine LED im Schalter der Systemstatus sichtbar gemacht.

Hohe Alltags- und Praxistauglichkeit

Die hohe Kühlleistung von 20 kW sichert im Gelände einen Dauerbetrieb bei einer Fahrgeschwindigkeit mit bis zu 15 km/h. Bei höheren Geschwindigkeiten werden nur geringe Drehmomente übertragen, so dass der HAD ca. fünf Minuten voll einsetzbar ist. Damit sind fast alle denkbaren Einsatzsituationen von Baufahrzeugen im gemischten Einsatz abgedeckt.

Zu den weiteren Pluspunkten des Arocs HAD zählt seine große Wendigkeit. Im Unterschied zu einem mechanischen Allradantrieb schränkt HAD den Lenkwinkel nicht ein, er entspricht einem Lkw mit Hinterradantrieb. Auch sind die Lenkkräfte identisch und es können wegen des entkoppelten Vorderradantriebs keine Ver­spannungen im Antriebsstrang auftreten. Bei Bedarf kann der Fahrer bei Mercedes-Benz die Vorderräder außerdem mit Schneeketten ausrüsten.

Viel Traktion, aber nur wenig Kraftstoffverbrauch

Wie alle Mercedes-Benz Arocs, so profitiert auch der Arocs mit Hydraulic Auxiliary Drive von seinem perfekt abgestimmten und höchst effizienten Antriebsstrang aus einer Hand. Hinzu kommt ein doppelter Vorteil: Zunächst erhöht die zuschaltbare Anfahrhilfe den Kraftstoffverbrauch im normalen Fahrbetrieb nur minimal. Zudem arbeitet der Zusatzantrieb geregelt. Ist er im Eingriff, erhöht sich der Verbrauch im Unterschied zu vergleichbaren Antriebssystemen nur um die abge­forderte Leistung.

Die Beispielrechnung für einen Arocs 1843 LS – er wird mit einem Kippsattel gerne im Baustelleneinsatz verwendet – sieht wie folgt aus: Im Straßeneinsatz ohne zuge­schalteten Zusatzantrieb liegt der Mehrverbrauch mit Hydraulic Auxiliary Drive bei identischem Getriebe und Hypoidachsen mit identischer Übersetzung nur rund 1,5 Prozent über einem Fahrzeug mit ausschließlichem Hinterradantrieb – bei gleichzeitig enormen Traktionsreserven. Basis der Rechnung ist ein typisches Einsatzprofil mit hohem Landstraßenanteil und geringerem Einsatz auf der Autobahn und im Stadt­verkehr.

Greifen Kunden zu einem Heavy-Duty-Modell des Arocs HAD mit Außenplaneten­achsen und Schnellganggetriebe, liegt der Verbrauch unter diesen Bedingungen etwa zwei Prozent höher als beim Ausgangsfahrzeug mit HAD und angetriebener Hypoid-Hinterachse. Mit einem herkömmlichen zuschaltbaren Allrad-cantrieb liegt der Verbrauch dagegen bis zu acht Prozent, mit einem permanten Allradantrieb bis zu zehn Prozent höher als mit HAD und Hypoidhinterachse. Das schon nicht nur den Geldbeutel, sondern führt auch zu einer verbesserten CO2-Bilanz.

Gewichtszuschlag im Vergleich zum
permanenten Allradantrieb mehr als halbiert

Augenmerk verdient ebenfalls die Gewichtsbilanz des Arocs mit Hydraulic Auxiliary Drive, denn er bietet im Vergleich zum klassischen Allradantrieb eine deutlich günstigere Nutzlast.

Der Zuschlag für HAD beläuft sich auf lediglich 400 Kilogramm. Für den zuschalt­baren Allradantrieb eines zweiachsigen Arocs ist dagegen das Doppelte zu veran­schlagen (zusätzlich 425 kg), für einen permanenten Allradantrieb sind es sogar zusätzlich 575 Kilogramm – Verteilergetriebe, Differenzial, Kardanwelle, der stärkere Rahmen und weitere Features eines konventionellen Allradantriebs sind keine Leicht­gewichte.

Wartungsfreie Technik spart Zeit und Geld

Die Praktiker im Baugewerbe haben ebenfalls Wartungs- und Reparaturkosten im Auge. Auch an dieser Stelle überzeugt der Arocs mit Hydraulic Auxiliary Drive: Sein Antriebssystem ist komplett wartungsfrei, es entstehen weder Ausfallzeiten noch Kosten.

Hydraulic Auxiliary Drive ist auf Lebensdauer ausgelegt

Käufer eines Arocs HAD können sich auf seine solide Antriebstechnik verlassen: Beim typischen gemischten Einsatz als Baufahrzeug auf Straße und Gelände ist der Hydraulic Auxiliary Drive auf Lebensdauer des Fahrzeugs ausgelegt. Diese Angabe hat sich zuletzt in der Erprobung des Arocs Hydraulic Auxiliary Drive als reeller Wert für Baufahrzeuge herausgestellt.

Mercedes-Benz hat die Technik intensiv in der Praxis getestet. Von der Erprobung am Nordpolarkreis über Kundenerprobungen in Stein­brüchen und unter Tage bis hin zu den harten Teststrecken in Wörth, wurde das Fahrzeug auf Herz und Nieren intensiv geprüft und entwickelt. Selbst im Extremfall bietet der Arocs Hydraulic Auxiliary Drive entscheidende Vorteile.

Sollte der typischerweise raue Einsatz im Gelände eine Beschädigungen am Hochdruckkreis des Hydrauliksystem verursachen, ist beim Arocs HAD im Unterschied zu anderen Systemen nicht Schluss: Der Ventilsteuerblock schließt sofort die Ölzufuhr zu der beschädigten Leitung, regelt die Hochdruckpumpe auf Nullförderung zurück und verhindert damit zunächst einen kompletten Ölverlust. Zusätzlich bekommt der Fahrer eine Anzeige und Warnton im Instrument, die Ihn auf die Beschädigung hinweist. Weder die Radnabenmotoren noch die Hochdruckpumpe können trockenlaufen.

Deshalb ist mit dem verbliebenen konventionellen Hinterradantrieb die Weiterfahrt bis zur nächsten Werkstatt gesichert – ein weiteres Sicherheitsplus des Mercedes-Benz Hydraulic Auxiliary Drive.⇥■⇥

Mercedes-Benz Trucks
www.mercedes-benz.de\lkw

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