SEDIMENTATIONSANLAGEN

Absetzen und sitzen bleiben

Wenn Regen auf Straßen, Höfe und Dächer prasselt, reichert er sich je nach Fläche zu unterschiedlichen Schadstoffcocktails an. Diese Drinks tun Böden, Grundwasser und Gewässern – den naturräumlichen Zielsystemen der Niederschlagsabflüsse – nicht gut. Um den Regen zu reinigen, bevor er sich dem Wasserkreislauf wieder anschließt, sind Sedimentationsanlagen ein probates Mittel. Doch das klingt einfacher, als es ist.

In Zeiten anthropogenen Klimawandels[1] und einschneidender demografischer Veränderungen[2] kommt dem Schutz des Ökosystems besondere Bedeutung zu. Besonders der natürliche Wasserkreislauf unterliegt vielfachen Stressoren durch menschliche Nutzung und Veränderung. Für Gewässer sowie das Boden-Grundwasser-Kompartiment gelten deshalb zu Recht anspruchsvolle Schutzbestimmungen. Auch in die Neufassung von Gesetzen, Verordnungen und Normierungen werden auch jene Teilbereiche einbezogen, die bislang noch keiner systematischen Regulierung unterliegen. Hierzu gehört auch die Behandlung der Niederschlagsabflüsse von befestigten Flächen.

Erst seit seiner Novellierung, die am 1. März 2010 in Kraft getreten war, bestimmt das Wasserhaushaltsgesetzt (WHG) in § 55, dass Regenwasser ortsnah versickert, verrieselt oder direkt beziehungsweise über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden soll. Für die Direkteinleitung in ein Gewässer fordert § 57 ergänzend die Minimierung von Menge und Schädlichkeit gemäß Stand der Technik. Neben der Eindämmung stofflicher Belastungen gilt es somit neuerdings, auch andere Schadeffekte wie beispielsweise hydraulischen Stress zu berücksichtigen und folglich die Einleitmengen in verträglichen Grenzen zu halten.

 

Zulassung bisher nur für Teilbereiche

Für Anwender und Planer wirkt in der gegenwärtigen Situation erschwerend, dass die bauaufsichtliche Zulassung von Anlagen zur Regenwasserbehandlung durch das hierfür zuständige Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt, Berlin) erst teilweise erfolgt. Das DIBt hat bisher Zulassungen für Produkte erteilt, die mineralölhaltiges Niederschlagswasser – vornehmlich von Straßen und Betriebsflächen – vor anschließender Versickerung behandeln. Zulassungen für Behandlungsanlagen mit nachfolgender Direkteinleitung waren und sind jedoch noch nicht möglich, da hier die Vorgabe bundeseinheitlicher Anforderungen vorerst fehlt. Generell bedürfen Anlagen, die (noch) nicht über eine DIBt-Zulassung oder alternativ eine Bauartenzulassung nach Landesrecht verfügen, in jedem Einzelfall einer wasserrechtlichen Genehmigung für Einbau und Betrieb. Welche Anlagen gegenwärtig bauaufsichtlich zugelassen sind, ist auf der Website des DIBt (www.dibt.de) in den nationalen Zulassungsbereichen unter Punkt 84 „Bauprodukte und Bauarten zur Behandlung und Versickerung mineralölhaltiger Niederschlagsabflüsse“ gelistet.

Ein maßgeblicher Schritt in Richtung sachgerechter Zulassungskriterien für alle Anwendungsfälle dezentraler Regenwasserbehandlungssysteme ist die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU, Osnabrück) geförderte DWA-Studie „Entwicklung von Prüfverfahren für Anlagen zur dezentralen Niederschlagswasserbehandlung im Trennverfahren“ [3]. Sie differenziert die Herkunftsflächen von Niederschlagsabflüssen nach dem jeweils unterschiedlichen Aufkommen relevanter Schadstofffraktionen, schlägt auf dieser Grundlage eine Klasseneinteilung vor und benennt, je nach Herkunftsklasse und Zielkompartiment der Abflüsse spezifiziert, Anforderungen an die Reinigungsleistung von Behandlungssystemen. Damit liegt ein erster Bewertungsmaßstab zur Beurteilung der Effizienz von Sedimentationsanlagen und für deren bauaufsichtliche Zulassung vor.

Die Autoren der DWA-Studie unterteilen die Herkunftsflächen von Regenwasserabflüssen in

– Dächer mit herkömmlicher Eindeckung, wobei zu unterscheiden ist nach dem Regelfall und nach Sonderfällen wie beispielsweise in Gewerbe- und Industriegebieten mit erhöhter Staubemission;

– Metalldächer mit Eindeckung aus unbeschichtetem Kupfer, Zink oder Blei, wenn die Metallflächen mehr als 50 m2 betragen;

– Verkehrsflächen, vornehmlich Straßen und Parkplätze;

– Mischflächen aus Dach-, Hof- und Verkehrsflächen, jedoch ohne Metalldächer und mit maximal 70 % Verkehrsflächenanteil;

– Sonderflächen wie beispielsweise Flughäfen oder Straßen und Betriebsflächen im Bereich von Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft, die aufgrund spezieller Schadstoffablagerungen einer Einzelfallbetrachtung bedürfen.

Bei der Einteilung von Abflüsse dieser Herkunftsflächen nach Belastungsklassen greift die Studie auf bereits vorliegende Klassifizierungen seitens der Bund-Länder-Arbeitsgruppe Regenwasser sowie im „Trenngebietserlass“ aus NRW zurück und schlägt eine Differenzierung nach „gering belastet, Kategorie I“, „mäßig belastet, Kategorie II“ und „hoch belastet, Kategorie III“ vor. Welcher dieser Klassen eine Herkunftsfläche zuzuordnen ist, ergibt sich daraus, welche Schadstoffgruppen in der jeweiligen Fläche typischerweise anzutreffen sind und folglich im Zug von Regenereignissen abgeschwemmt werden. Je nach Flächenmaterial, -nutzung und weiteren Einflüssen wie etwa Windverfrachtungen kann die Belastung der Niederschlagsabflüsse sehr unterschiedlich ausfallen.

 

Auswahl der Schadstoffparameter

Mit Blick auf den Schutz von Boden, Grundwasser und Gewässern misst die DWA-Studie der Feinfraktion abfiltrierbarer Stoffe (AFSfein mit Korndurchmesser bis 200 µm), Kupfer (Cu), Zink (Zn) und den Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) die höchste Wirkungsrelevanz zu. Während die Schwermetalle Kupfer und Zink in erster Linie bei Metalldächern, aber auch bei Straßen, und die MKW nur bei Verkehrsflächen von Bedeutung sind, erfolgt ein AFSfein-Austrag aus allen Herkunftsflächen. Die Schädlichkeit der AFSfein liegt darin begründet, dass sich zahlreiche andere Schadstoffe, darunter auch Schwermetalle und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), an ihnen anlagern, und dass sie darüber hinaus das Lückensystem von Gewässersohlen verstopfen und die Sauerstoffaufnahme der dort lebenden Organismen beeinträchtigen.

Von nachrangiger Bedeutung sind nach Ansicht der Experten die Grobfraktion der AFS, der Chemische und der Biochemische Sauerstoffbedarf (CSB, BSB) als Summenparameter für organische Kohlenstoffverbindungen, die Nährstoffe Stickstoff und Phosphor, aus der Gruppe der Schwermetalle Blei und Cadmium, die 16 Einzelsubstanzen der PAK-Fraktion sowie auch Chlorid aus dem Einsatz von Streusalzen im Winter. Sie alle kommen in Flächenabflüssen vor, werden aber entweder in punkto Schädlichkeit oder wegen zu geringer Konzentrationen als vernachlässigbar angesehen, oder sie adsorbieren an den AFSfein-Partikeln und werden mit ihnen abgeschieden. Allein Chlorid müsse möglicherweise gesondert betrachtet werden, da erhöhte Salzbelastungen von Straßenabläufen in Behandlungsanlagen mit Filtration oder Ionenaustauschern zur Kolmation und damit zum Ausfall der Anlage führen oder aber im Filtersubstrat bereits sorbierte Schadstoffe wieder auswaschen können.

In einer Zusammenschau aller so weit skizzierten Aspekte ergibt sich aus der DWA-Studie folgendes Bild für die Zuordnung der Herkunftsflächen von Regenwasserabläufen zu Belastungsklassen und abzureinigenden Schadstoffparametern (Tabelle 1).

Eine gezielte Abscheidung von MKW ist nur dann erforderlich, wenn Verkehrsflächenabläufe per Versickerung an das vergleichsweise sensiblere Boden/Grundwasser-System abgegeben wer­­den sollen, oder wenn ein Anfall von MKW zu besorgen ist. Im letzteren Fall ist dann gemäß Anhang 49 der Abwasserverwaltungsvorschrift zu ver­­fahren. Für Regenabflüsse von hoch be­­lasteten Sonderflächen wird die Reinigungsleistung üblicher dezentraler Regenwasserbehandlungsanlagen als in der Regel ungenügend erachtet. Hier werden dann Reinigungsverfahren mit mechanisch-biologischer Prozessführung erforderlich.

 

Vorschlagswerte für Reinigungstiefe

Differenziert nach den beiden Zielsystemen Boden/Grundwasser und Oberflächengewässer geben die Autoren der DWA-Studie Mindestwerte für den Rückhalt je Schadstoffparameter an (Tabelle 2). Diese aus einer Auswertung verschiedener Quellen ermittelten Werte wollen als erste Vorschläge verstanden sein – vorbehaltlich endgültiger Normvorgaben durch Bund oder Länder.

Im Rahmen der DWA-Studie wurden drei Sedimentationsanlagen, die sich zum Zeitpunkt der Untersuchung am Markt befanden, in ihren unterschiedlichen Baugrößen versuchsweisen Vortests hinsichtlich AFSfein-Rückhalt unterzogen. Eine weitere, auf der DWA-Studie aufbauende und in NRW durchgeführte Untersuchung[4], hat insgesamt sechs Regenwasserbehandlungsanlagen auf den Rückhalt von AFSfein sowie teilweise von MKW und Schwermetallen überprüft. Die Testregenspenden zur Ermittlung des AFSfein- und MKW-Rückhalts haben an den Originalanlagen Niederschlagsereignisse in Abstufungen von 2,5 über 6 bis 25 l/(s*ha) simuliert. Anschließende Versuche mit einer Regenspende entsprechend 100 l/(s*ha) waren erfolgt, um zu ermitteln, inwieweit bereits abgesetztes Material tatsächlich auch sitzen bleibt oder möglicherweise remobilisiert wird. Als Prüfsubstanz für AFSfein wurde in beiden Studien das Quarzmehl Millisil W4 in unterschiedlichen Konzentrationen zudosiert. Zur Untersuchung der MKW-Abscheidung dienten Beigaben von Heizöl EL. Die Überprüfung des Schwermetallrückhalts erfolgte an verkleinerten Laborsäulen.

Ergebnisse zum Schadstoffrückhalt

Zusammenfassend lässt sich aus beiden Studien schlussfolgern, dass die vorgeschlagenen Rückhaltwerte (s. Tabelle 2) nur teilweise erzielt werden. Eine durchgängig sichere AFSfein-Abtrennung von mindestens 80 % konnten nur solche Systeme erreichen, die entweder im Verhältnis von anschließbarer Fläche zu Anlagenvolumen ein großes spezifisches Volumen und/oder ein die Sedimentation begünstigendes hydrodynamisches Prinzip – Strömungsführung durch Hydrozyklon im einen und Schräglamellen im anderen Fall – zur Verfügung stellen. Wirkungsgrade von deutlich über 90 % haben nur die Anlagen mit Lamellen- und Zyklon-Design realisiert.

In den Remobilisierungsversuchen unter hoher hydraulischer Belastung deutet sich ein markanter Unterschied zwischen reinen Sedimentationsanlagen und Anlagen mit zusätzlichem Substratelement an. Letztere zeigten zu Versuchsbeginn signifikant erhöhte AFS-Konzentrationen im Ablauf, was auf ein Ausspülen von Feststoffen schließen lässt, die zuvor in den Substratfiltern zurückgehalten worden waren. Weniger deutlich, aber dennoch erkennbar, wirkt sich bei manchen der reinen Sedimentationsanlagen die horizontale Fließgeschwindigkeit aus. Wenn sie bei zunehmender hydraulischer Belastung steigt, erhöhen sich die Ablaufkonzentrationen aufgrund remobilisierter AFS-Sedimente.

Für eine wirksame MKW-Abscheidung kommen nur solche Anlagenkonzepte in Betracht, die dieser aufschwimmenden Leichtstofffraktion einen gegen Abtrieb gesicherten Sammelraum zur Verfügung stellen. Unter den getesteten Systemen waren das wiederum die beiden mit Lamellen- und Zyklon-Design. Den ausschließlich für Verkehrsflächenabflüsse bei vorgesehener Versickerung zur Diskussion gestellten Rückhaltwert von 80 % übertreffen im Test sowohl der Zyklon mit 90,2 % wie auch der Lamellenklärer mit 95,0 %.

Kupfer- und Zinkbelastungen – nicht nur, aber vor allem aus dem Abrieb von Reifen und Bremsbelägen – gehören zum Schadstoffmix der Straßenabläufe. Mit dem weitaus höchsten Konzentrationsaufkommen werden die beiden Schwermetalle jedoch von Metalldächern abgeschwemmt. Zwar können sie mit bis zu 80 % an die AFSfein-Fraktion adsorbieren und werden dann per Sedimentation eliminiert, aber der Rest liegt in der gelösten Phase vor, entzieht sich folglich der Abtrennung durch Sedimentation und kann nur mit Hilfe einer chemischen Prozesskomponente wie Sorption oder Ionenaustausch entfernt werden.

Entsprechende Substratfilter sind im Anlagendesign üblicherweise der Sedimentation nachgeschaltet, was unter den getesteten Anlagen bei zwei Systemen der Fall war. Die aus verkleinertem Labormaßstab gewonnen Prüfergebnisse zeigen, dass lediglich das Substratmodul einer der beiden Anlagen den für Verkehrsflächenabläufe vorgeschlagenen Rückhaltwert bei Kupfer und Zink (vgl. Tabelle 2) sicher realisiert. Im Fall der anderen Anlage wird der Zielwert für Kupfer nur knapp und der für Zink bei weitem nicht erreicht. Den noch anspruchsvolleren Zielwerten für Metalldachabflüsse kommt der Testsieger immerhin nahe, aber in summarischer Betrachtung bleibt festzustellen, dass die Entwicklungsteams der Hersteller von dezentralen Regenwasserbehandlungsanlagen hinsichtlich der Schwermetallabtrennung noch Hausaufgaben zu erledigen haben.


Hydraulik im Blick

Das in Sedimentationsanlagen genutzte Prinzip der Dichtetrennung lässt erwarten, dass die Wirkungsgrade mit steigender hydraulischer Belastung abnehmen. Tatsächlich zeigten alle getesteten Anlagen unter stationären Verhältnissen bei geringen Regenspenden hohe Wirksamkeit. Zugleich war jedoch bei Anlagen, die ein großes spezifisches Volumen haben und im Dauerstau betrieben werden, eine zweiphasige Wirkungsweise zu beobachten. In der ersten Phase eines Regenereignisses wird das aus vorherigem Niederschlag eingestaute Wasser aus der Anlage verdrängt. Diese Charge hatte in der vorangegangenen Beschickungspause ausreichend Zeit für eine weitgehende Schadstoffabscheidung per Dichtetrennung (Prinzip ‚Batchreaktor‘) und ist deshalb nur gering belastet. Erst wenn die Beschickung länger andauert, stellen sich als zweite Phase stationäre Verhältnisse ein (Prinzip ‚Durchlaufreaktor‘), und mit zunehmender Beschickungsdauer nimmt der Wirkungsgrad ab.

Dieser Befund legt die Favorisierung solcher Anlagen nahe, die entsprechend großvolumig ausgelegt sind und im Dauerstau betrieben werden. Systeme, die diese Kriterien erfüllen, sind überwiegend Behälteranlagen aus Stahlbeton, da allein sie die statischen Anforderungen an erforderliche Baugrößen erfüllen. Das Marktsegment der Behälteranlagen aus Kunststoff deckt konstruktions- und einbaubedingt nur Größenvarianten bis zu einer anschließbaren Fläche von etwa 1.000 m2 ab, während Anlagen aus Beton für Anschlussflächen bis über 10.000 m2 hergestellt werden. Im Gegensatz zu dezentralen Kleinanlagen, die kleinformatige Flächen mit zumeist einem Abfluss entwässern und den Regenabfluss unmittelbar am Ort des Anfalls reinigen, können größere Systeme in semizentraler Weise auch den Zusammenschluss mehrerer Teilflächen fassen und behandeln. Lösungen dieser Art haben den Vorteil geringeren Bau- und Wartungsaufwands.

Wie die Tests weiterhin zeigen, erzielen insbesondere jene Anlagen eine hohe Sedimentationsleistung, die durch strömungsführende Formgebung (Zyklon) oder Einbauten (Lamellen) die Absetzung von Feststoffen begünstigen. Dagegen wirken nachgeschaltete Substratelemente querschnittsverengend, erhöhen folglich die Strömung und damit auch die Neigung, das dort bereits abgelagerte Material zu remobilisieren. Alternative Einbaukonfigurationen für die Subtratmodule zur Schwermetallabscheidung könnten diesen Negativeffekt vermeiden.

 

Bewegung am Markt

Diesem Weg folgt das technische Design einer Anlage, die auf der zurück liegenden Umwelttechnikleitmesse IFAT ENTSORGA 2012 in München erstmals dem Fachpublikum vorgestellt wurde. Das bauaufsichtlich zugelassene System ViaPlus des Herstellers Mall, Donaueschingen, platziert die Substratkomponente im Zentrum der Anlage und gewährleistet durch eine von der Zuflussmenge abhängige Stau- und Strömungssteuerung, dass der Regenzulauf den Substrateinsatz unter allen Betriebsbedingungen ohne nachteilige hydraulische Effekte optimal durchströmt. Sedimentationsfördernd wirkt zudem ein trichterförmiges Einbauelement, in das der Zulauf tangential einströmt, wodurch die hydrodynamischen Vorteile des Zyklon-Prinzips genutzt werden. Hier erfolgt der AFS-Rückhalt bis zu einer Korngröße von etwa 50 µm. Die weitere AFS-Fracht bis zur Größe von 0,45 µm trennt eine Filterstufe aus Porenbeton ab. Sie dient zugleich als Koaleszenzmaterial für eingetragene MKW. Durch Adsorption im Substrateinsatz werden schließlich gelöste und emulgierte Substanzen wie vor allem Schwermetalle, aber auch organische Verbindungen und MKW gebunden.

Die beiden Anforderungen nach einerseits optimalem hydraulischem Durchsatz und andererseits bestmöglicher Reinigungsleistung verbinden sich im ViaPlus nach Ansicht des Herstellers in idealer Weise. Dem vornehmlich für Straßen- und Betriebsflächenabflüsse konzipierten System hat das DIBt eine Standzeit von vier Jahren attestiert. Die Rückhaltwerte betragen für AFS 93 %, MKW 99 %, Kupfer 90 % und Zink 89 %. Und – entsorgungstechnisch relevant – die absorbierten Schwermetalle können aus dem Filtersubstrat zurückgewonnen werden.

Verbesserte Anlagen anderer Hersteller werden dem ViaPlus auf den Markt folgen. Von Orientierung gebender Bedeutung für die Produktentwicklung sind dabei verlässliche Normvorgaben und daraus abgeleitete Prüfkriterien. Die hier vorgestellten Studien sind erste Schritte auf diesem Weg zu klaren und einheitlichen Rahmensetzungen. Mit fortschreitender Konkretisierung des Regelkontexts ist zu erwarten, dass sich im Segment der de- und semizentralen Regenwasserbehandlungsanlagen ein dynamischer Wettbewerb entfaltet. Neben seriösen Produkten, die dem Schutz der Umwelt ebenso ambitioniert gerecht werden, wie dem Betreiberinteresse nach wirtschaftlichen und betriebssicheren Lösungen, werden auch Schnäppchen verheißende Mängelmodelle die Arena betreten. Anwender im privaten, kommunalen und gewerblich-industriellen Bereich sowie deren Planer stehen vor der Herausforderung, sich kundig zu machen.

Sedimentationsanlagen im Kontext der Regenwasserbewirtschaftung

Regenwasserbewirtschaftung nach aktuellem Stand von Technik und Regelwerkvorgaben verfolgt das Ziel, Niederschlagsabflüsse von befestigten Flächen getrennt vom Schmutzwasser aus Haushalten, Gewerbe und Industrie zu erfassen, um sie entweder für eine Nutzanwendung (Bewässerung, WC-Spülung, Reinigung, Wäschewaschen) zu bevorraten und damit auch mengenregulierend zu managen, oder aber dem natürlichen Wasserkreislauf durch Versickerung und Gewässereinleitung unmittelbar zurück zu geben. Der Schutz der Umweltsysteme Boden, Grundwasser und Gewässer gebietet, Niederschlagsabläufe in Abhängigkeit ihrer jeweils gegebenen Schadstoffbelastung zu reinigen, bevor sie versickert oder in ein Gewässer eingeleitet werden. Diese Aufgabe leisten Regenwasserbehandlungsanlagen, die gegenwärtig zwar in unterschiedlichen Funktionstypen, Baugrößen und Leistungsvarianten am Markt verfügbar sind, aber größtenteils noch keiner systematischen Regulierung unterliegen.
Nach Expertenansicht müssen Regenwasserbehandlungsanlagen vor allem den sicheren Rückhalt der Feinfraktion von Feststoffpartikeln (AFSfein), von Kupfer, Zink und Mineralölkohlenwasserstoffen (MKW) gewährleisten (Näheres s. Haupttext). Dem Prinzip der Dichtetrennung folgend, können reine Sedimentationsanlagen allein die sich absetzende Feststofffracht in einem Sammelraum zurückhalten. Um die aufschwimmenden MKW ebenfalls abscheiden zu können, müssen Anlagen darüber hinaus so konstruiert sein, dass auch hierfür ein abtriebsicheres Rückhaltvolumen oder ein anderes Abtrennverfahren zur Verfügung steht. Und erst, wenn eine Regenwasserbehandlungsanlage als drittes auch noch mit einem entsprechenden Substratelement für Sorption oder Ionenaustausch ausgerüstet ist, ist sie in der Lage, zusätzlich die gelöst vorliegenden Stofffraktionen – allen voran Kupfer und Zink, aber auch Salze – zu eliminieren.
Das Marktsegment der Regenwasserbehandlungsanlagen umfasst derzeit

– abwasserbehandelnde Flächenbeläge sowie Rinnen und Mulden mit Substrat, die nicht Gegenstand der Erörterungen dieses Beitrags sind;

– reine Filtersysteme, die lediglich den Rückhalt von Feststoffen einschließlich daran adsorbierter Substanzen gewährleisten;

– Sedimentationsanlagen als durchströmte Behälteranlagen in den Systemvarianten mit/ohne sedimentationsbegünstigende Strömungsführung sowie mit/ohne im Anlagendesign vorgesehener MKW-Abscheidung;

– Kompaktanlagen wie vorstehend, die jedoch allen Reinigungsanforderungen gerecht werden, indem sie neben Sedimentation und Leichtstoffabtrennung außerdem ein Substrat für den Rückhalt gelöster Schadstofffraktionen zur Verfügung stellen.
Während sich Filter und kleine Behälteranlagen nur für den dezentralen Einbau an einzelnen Flächenabläufen eignen, können größer dimensionierte Sedimentationsanlagen die Regenabläufe mehrerer Teilflächen in semizentraler Weise zusammenfassen und reinigen.

Quellennachweise:

[1] vgl. Schmitt, Theo G., Prof. Dr.-Ing.: Was nützen kleine dezentrale Maßnahmen in Anbetracht des Klimawandels?, in: König, Klaus W.: Ratgeber Regenwasser; Hg.: Mall GmbH (www.mall.info), Donaueschingen 2014, 4. Auflage, S. 10
[2] vgl. Hiessl, Harald, Dr.-Ing.: Demografischer Wandel als Herausforderung und Chance, in: ebd., S. 6
[3] Schmitt, Theo G., Prof. Dr.-Ing. et al.: Entwicklung von Prüfverfahren für Anlagen zur dezentralen Niederschlagswasserbehandlung im Trennverfahren; Hg.: Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA, www.dwa.de), Hennef 2010
[4] Werker, Henning, Dipl.-Ing. et al.: Dezentrale Niederschlagswasserbehandlung in Trennsystemen – Umsetzung des Trennerlasses NRW, in: Korrespondenz Abwasser (www.dwa.de/ka), Heft 5/2012, S. 426 ff

Autor Tom Kionka

Tom Kionka, Wiesentheid, war sechs Jahre Mitarbeiter einer Marktführenden Zeitschrift für Umwelttechnik. Seit über 10 Jahren arbeitet er als freier Fachjournalist. Er erstellt redaktionelle und PR-Dienstleistungen für Unternehmen der Umwelttechnologie-Branche.

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