Modulgerüst: Gut abgehängt

Eine nicht alltägliche Lösung im Dachtragwerk eines Flughafen-Terminals

Damit an den Oberlichtern eines Terminals am Hamburger Flughafen ein Sonnenschutz nachgerüstet werden konnte, musste in den Fachwerkbindern der Dachkonstruktion ein Hängegerüst ausgebildet werden. Während der gesamten Bauzeit wurde der Terminal ohne Einschränkung weiter genutzt.

Elegant

Mit seiner dynamisch geformten Dachkonstruktion aus sichtbaren Stahlträgern wirkt der Terminal 2 des Hamburger Flughafens auch 18 Jahre nach seiner Fertigstellung hochelegant. Form und Konstruktion des vom Hamburger Architekturbüro von Gerkan, Marg und Partner (gmp) geplanten Daches sollen an die Tragflächen von Flugzeugen erinnern. Dabei sorgt der Wechsel von quer verlaufenden geschlossenen Flächen aus Trapezblech und Lichtbändern in dem als einheitliche Schale ausgebildeten Dach für ein helles und tageslichtdurchflutetes Ambiente in der Abflughalle.

Eine Qualität, die Passagiere zu schätzen wissen, die jedoch für die Mitarbeiter an den Bildschirmen im Ticket- und Check-in-Bereich nicht ganz unproblematisch war. Immer wieder kam es zu Problemen, weil die Bildschirme teilweise einer direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt waren. Passagierdaten und Buchungsformulare waren dann nur schwer erkennbar. Die Installation von Sonnschutzrollos schließlich sollte für blendfreie Bedingungen an den Computerarbeitsplätzen sorgen.

 

Die Situation vor Ort

Die lange Bauzeit für dieses Projekt begründet sich in den Gegebenheiten vor Ort. Die Lichtbänder befinden sich jeweils oberhalb von bogenförmigen Fachwerkbindern, auf denen die gesamte Dachlast ruht. Sie durchziehen die komplette Länge der Halle und tragen die querverlaufenden T-Träger der Konstruktion. Über diagonal gespreizte Stützenpaare wird die Dachlast von den Fachwerkbindern auf zwölf unten eingespannte Betonstützen abgeleitet. Insgesamt überspannen sieben Fachwerkbinder mit unterschiedlichen Abmessungen in Höhe und Breite – sie laufen an den jeweiligen Enden konisch zu – eine Fläche von ca. 75 x 100 m. Die geplante Ausrüstung der Lichtbänder mit Sonnenschutzanlagen konnte bei dieser Konstruktion nur mit einer komplizierten Konstruktion aus Hängegerüsten ausgeführt werden. Erforderlich war eine abschnittsweise Errichtung von Arbeits- und Schutzgerüsten aus Stahlrohr-Systemmaterial gemäß DIN EN 12811-1.

 

Genaue Planung im Vorfeld

Die aufwändige Maßnahme erforderte eine gründliche Vorplanung. „Bereits Mitte 2009“, erinnert sich Markus Stelling, „habe ich mich erstmals mit Architekt Stephan Lüthje (Lüthje Soetbeer Architektur PartnerG) vor Ort getroffen. Wir haben dann zunächst einen Probeturm aufgestellt, um die sich aus der Dach-Konstruktion ergebenden Anforderungen aus der Nähe beurteilen zu können. Das sah alles sehr kompliziert aus.“ Für eine erste Ortsbesichtigung wurde der Probeturm ebenfalls von den anderen Gewerken, die auf dem Gerüst arbeiten mussten, genutzt. Denn die Gelegenheit war günstig: Parallel zur Nachrüstung der Sonnenblenden sollten gleichzeitig Ausbesserungs- und Säuberungsarbeiten im Dachbereich ausgeführt werden. Insgesamt waren 6 Gewerke beteiligt.

„Bei dem ersten Ortstermin“, berichtet Markus Stelling, „haben wir festgestellt, dass die zunächst angedachte Lösung nicht realisierbar war.“ Die schließlich nach statischer Prüfung durch die Bügler Jaeck Heyse Ingenieurgemeinschaft ausgeführte Lösung sah in einer Arbeitshöhe von 25 m die Ausbildung einer Hängegerüstkonstruktion in den Fachwerkträgern vor. Die Abhängung erfolgte über Gitterträger 450 mm und Rux Dreirohrstützen. Als Gerüstsystem kam das Modulgerüst Rux-Variant zum Einsatz. Durch eine ausgeklügelte Technik ist es
damit möglich, auch anspruchsvolle Gerüstkonstruktionen fast ausschließlich mit Systemkomponenten zu errichten. „Das System“, erklärt Markus Stelling die Wahl, „bot uns vor allem auch Vorteile durch seine Abmessungen. Mit einem Rastermaß von 50 cm war es genau das, was wir benötigten. Alles andere hätte in die Fachwerkträgern nicht gepasst. Außerdem spart das Material.“ Nach Herstellerangaben kann durch das logische Rastermaß im Idealfall mit bis zu 40 % Materialersparnis bei einer Rüstung kalkuliert werden. Hinzu kommen Vorteile wie die stufenlose Einhängemöglichkeit der Riegel in den Teller des Gerüstständers. Da es keine Beschränkung auf 90 oder 45 Grad gibt, kann so jeder beliebige Winkel gerüstet werden. Insgesamt können acht Riegel bzw. Diagonalen pro Teller gleichzeitig angeschlossen werden. 

 

Gerüst-Konstruktion

Ein Problem bei der Planung waren die Abmessungen der Dachkonstruktion, die sich über die gesamte Länge in Höhe und Breite verändern. So kragte die Gerüstbreite wegen des konischen Verlaufs der Fachwerkbinder an den schmalen Stellen nur 30 cm nach links und rechts aus, an den breitesten Stellen stand jedoch nach links und rechts eine bequeme Arbeitsfläche von einem Meter zur Verfügung. Die durchschnittliche Arbeitshöhe betrug etwa 2 m. Konstruktionsbedingt waren jedoch die Arbeitshöhen in den vorderen und hinteren Bereichen der Fachwerkbinder deutlich niedriger und somit nicht ganz optimal. Der Laufgang unterhalb des Gerüstes verfügte über eine Breite von 65 cm.

Der Zugang zu den Gerüsten erfolgte über einen Modulturm mit innenliegenden Alupodesttreppen mit einer Höhe von 10 m. Aus diesem Turm wurde über die gesamte Breite der Abflughalle ein Laufgang ausgebildet, der den Zugang zu den Gerüsten unter den Lichtbändern gewährleistet.

Ein weiterer Laufgang wurde im Bereich der Terrassenebene vorgesehen. Er diente als Arbeitsgerüst für Elektriker und Schlosserarbeit. Mit einer eigens dafür angefertigten Leiter, die nur von oben begehbar war, war er gleichzeitig Fluchtweg. Als Schutzmaßnahme gegen herunter fallendes Gerät wurden alle Gerüste mit Strahlnetzen B1 (schwer entflammbar) abgehängt.

 

Fazit

Mit dem Modulgerüst Rux-Variant konnte im kompliziert konstruierten Dachtragwerk im Terminal 2 des Hamburger Flughafens ein individuell an die Gegebenheiten vor Ort angepasstes Gerüst erstellt werden. Von besonderem Vorteil waren dabei das metrische Rastermaß und die ausgefeilte Technik, die es möglicht machte, die anspruchsvolle Konstruktion fast ausschließlich mit Systemkomponenten zu erstellen. Eine einfache Montage sorgte trotz der komplexen Aufgabenstellung für einen schnellen Bauablauf. Insgesamt hat sich bei dem Objekt eine ausführliche Planung im Vorfeld bewährt.

www.scafom-rux.de

Von Vorteil sind das metrische Rastermaß und die ausgefeilte Technik!

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