Hemmschwellen abbauen

PPP-Portal mit Musterverträgen

Die Vertragswerke zu Public Private Partnership (PPP)-Projekten sind in der Regel sehr umfangreich und komplex. Das ist insbesondere dem Umstand geschuldet, dass in diesen Verträgen eine Projekt-Zusammenarbeit zwischen Öffentlicher Hand und Privaten über einen Zeitraum von zumeist 20 bis 30 Jahren vorausschauend geregelt werden muss. Aufgrund dessen sind die Verhandlungen über PPP-Verträge oft langwierig und führen zu hohen zeitlichen, personellen und finanziellen Belastungen. Insbesondere bei kleineren Kommunen und auf Bieterseite bei mittelständischen Bauunternehmen kann dies als Hemmschwelle für den Einstieg in ein PPP-Projekt wirken.

Einen Weg zur Beschleunigung und Abkürzung der PPP-Verfahren und damit zur möglichst breiten Etablierung von PPP-Projekten können PPP-Musterverträge oder zumindest standardisierte Vertragsmodule darstellen. Die Erhöhung des Standardisierungsgrades führt zu einer Senkung der Transaktionskosten (insbesondere der Beraterkosten) und zur schnelleren Realisierung von PPP-Projekten, da die Vertragsverhandlungen auf das Wesentliche konzen-
triert werden können.

 

PPP-Musterverträge der
PPP-Task Forces

In Deutschland wurden bis 2007 drei PPP-Musterverträge seitens der PPP-Task Forces aus Nordrhein-Westfalen und des Bundes veröffentlicht:

n Basierend auf Erfahrungen der ersten PPP-Projekte in Nordrhein-Westfalen wurde 2005 der Leitfaden „Vertragsrechtliche Aspekte am Beispiel von PPP-Schulprojekten“ der PPP-Task Force NRW veröffentlicht, der als zentrales Element einen Mustervertrag zwischen einer Kommune und einer Projektgesellschaft für ein PPP-Schulprojekt enthält.

n In 2007 veröffentlichte die seinerzeitige PPP-Task Force des Bundes zwei PPP-Musterverträge, die im Rahmen eines umfangreichen Forschungsprojektes des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Wohnungswesen entwickelt wurden.

n Der „PPP-Mustervertrag Inhabermodell“ ist in weiten Teilen eng an den Mustervertrag aus dem Leitfaden „Vertragsrechtliche Aspekte am Beispiel von PPP-Schulprojekten“ angelehnt. Wichtige Abschnitte wurden allerdings aktualisiert und fortentwickelt.

n Der „PPP-Mustervertrag Mietmodell mit Erbbaurecht“ enthält in Teil A einen Erbbaurechtsvertrag, in Teil B einen darauf basierenden Mietvertrag.

 

PPP-Musterverträge des BWI-Bau

Um die Akzeptanz und die Nutzung von PPP-Musterverträgen bzw. Vertragsmodulen in Deutschland weiter zu erhöhen und damit zu einer Senkung der Transak-
tionskosten bei PPP-Projekten beizutragen, hat das Betriebswirtschaftliche Institut der Bauindustrie (BWI-Bau) unter http://www.ppp-portal.de/ ein Internetportal eingerichtet, in dem PPP-Vertragsbestandteile für PPP-Projekte im öffentlichen Hochbau besonders nutzerfreundlich angeboten werden.

Während bei den vorhergehenden PPP-Musterverträgen der PPP-Task Forces aus NRW und dem Bund jeweils ein einzelner, alle Projektphasen umfassen regelnder Projektvertrag veröffentlicht wurde, wird beim PPP-Mustervertrag des BWI-Bau das Gesamtvorhaben in miteinander verbundene Einzelverträge aufgeteilt, was auch in der Praxis sehr häufig anzutreffen ist. Das bietet den Verhandlungsparteien den Vorteil, dass sich einzelne Problemfelder leichter getrennt verhandeln lassen. Zudem sind ergänzend weitere ausschreibungsrelevante Formblätter und Anlagen beigefügt.

Außerdem werden alle Vertragstexte als Textdateien zum Download bereitgestellt. Damit können die Texte ganz einfach auch abschnittsweise (als Module) für geplante PPP-Projekte genutzt und übernommen werden. Durch die Bereitstellung als Textdokumente sind Ergänzungen bzw. Anpassungen an eigene Erfordernisse problemlos möglich. Die Vertragstexte stammen im Wesentlichen von Herrn RA Matthias Berger von der Mütze Korsch Rechtsanwaltsgesellschaft. Herr Berger hat auch bereits federführend an den PPP-Musterverträgen der PPP-Task Force des Bundes mitgearbeitet. Im Einzelnen bestehen die Unterlagen aus:

n EU-Bekanntmachung

Sie beschreibt in Kürze den Ausschreibungsgegenstand sowie die Eignungsnachweise, die Bewerber vorlegen müssen.

n Allgemeine Verdingungsunterlage

Sie setzt die Regeln für das Ausschreibungsverfahren, gibt die Fristen und Termine bekannt und beschreibt ausführlicher als bei der EU-Bekanntmachung den Leistungsgegenstand. Sie enthält zudem eine Zusammenfassung der vertraglichen Strukturen, insbesondere auch der zustellenden Sicherheiten. Die Allgemeine Verdingungsunterlage endet mit den äußerlichen Anforderungen an das Angebot sowie einer Zusammenfassung der Bewertungskriterien für das Angebot. Eine umfassende Bewertungsmatrix muss auf einer gesonderten Datei erstellt werden. Der Entwurf der Allgemeinen Verdingungsunterlage wird üblicherweise als „Bewerberinformation“ an interessierte Unternehmen verschickt.

n Angebots-Formblatt

Das Angebots-Formblatt ist vom Bieter auszufüllen und soll die Angebotslegung erleichtern.

n Rahmenvertrag

Der Rahmenvertrag enthält allgemeine Regeln für die Leistungsbeziehungen zwischen den Parteien, insbesondere Laufzeit, Regeln zur Kündigung und deren Folgen sowie das Sicherheitensystem.

n Pachtvertrag

Der Pachtvertrag regelt die Überlassung des Grundstücks, das im Eigentum des öffentlichen Auftraggebers steht und während der gesamten Vertragslaufzeit im Eigentum des öffentlichen Auftraggebers auch verbleibt, an den privaten Auftragnehmer.

n Projektvertrag

Der erste Leistungsvertrag, auch „Projektvertrag“ genannt, beschreibt die Verpflichtung des Auftragnehmers zur Planung, zum Bau und zur Finanzierung der nachgefragten Bauleistungen.

n Betreibervertrag

Der zweite Leistungsvertrag ist der Betreibervertrag, der neben Elementen eines gewerblichen Mietvertrages auch weitere Dienstleistungen beinhalten kann. In dem vorliegenden Mustervertrag sind Reinigungsleistungen, die bei praktisch jedem PPP-Verfahren mitvergeben werden, aufgeführt.

n Anlage „Preistabelle und

finanzielle Eckdaten“

Zu beiden Leistungsverträgen gehört die „Preistabelle und finanzielle Eckdaten“. Der Bieter fügt hier seine Angebotspreise, die Angaben, die für die Plausibilisierung seiner Angebotspreise erforderlich sind, sowie die Angaben, die im Fall späterer Leistungsänderungen benötigt werden ein.

n Anlage „Reaktions- und Behebungszeiten“

Die Anlage „Reaktions- und Behebungszeiten“ regelt die Geschwindigkeit, mit der der Auftragnehmer Mängel an dem Mietobjekt beseitigen muss.

n Schiedgutachterabrede

Bei Streitigkeiten über Tatsachen im Zusammenhang mit den vertraglichen Verpflichtungen können die Vertragsparteien einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Schiedsgutachtens beauftragen.

Sämtliche Unterlagen sind vielfach „ausschreibungserprobt“ und wurden in die-
ser oder in ähnlicher Form unterzeichnet. Die hier veröffentlichten Musterunterlagen
sollen eine regelmäßige Überarbeitung erhalten. Um eine öffentliche Diskussion zu ermöglichen, sind die Texte abschnittsweise eingestellt und sind als solche am Bildschirm abruf- und einsehbar. Am Ende jeden Abschnitts kann der Leser über den Link „Forum“ Fragen stellen oder Anregungen für Änderungen formulieren.

 

Zugang zum PPP-Portal

Der Zugang zu den PPP-Verdingungsunterlagen und dem Diskussionsforum ist erst nach vorhergehender Registrierung möglich.

n Für öffentliche Auftraggeber ist der Zugang kostenfrei.

n Von den übrigen Nutzern wird ein Jahresbeitrag von 150,-- Euro zzgl. MWSt. erhoben.

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